Bayerisches Parlament:Landtag mietet sich für 209 Millionen Euro im Münchner Lehel ein

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In der Münchner Altstadt macht es sich das Landtagsamt bald bequem. Weil das Parlament aus allen Nähten platzt, wurde ein Großareal im Lehel angemietet. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Dem Parlament wird’s schon länger zu eng im Maximilianeum, seit Jahren krallt man sich umliegende Immobilien. Ein neues Großquartier soll in den nächsten 25 Jahren Abhilfe schaffen.

Von Johann Osel

Als Peter Worm, Direktor und Amtschef des Bayerischen Landtags, 1986 im Parlament zu arbeiten begann, gab es nur zwei Fraktionen – CSU und SPD. Im Herbst 1986 kamen dann die Grünen neu ins Parlament, vier Jahre später wieder die FDP. Die Neuen wurden damals extern untergebracht, fühlten sich als „Fraktionen zweiter Klasse“, erinnert sich Worm, da war „von Anfang an Enge“. 2008 die Freien Wähler, 2018 die AfD, es wurden noch mehr Fraktionen.

Abgeordnete haben heute auch mehr Mitarbeiter als früher, es gibt zusätzliche Fachausschüsse; bei viel zu wenig Büroflächen im Hohen Haus. Und da wäre noch die Verwaltung mit wachsendem Platzbedarf: Social Media, Veranstaltungen, Technik, Besucher-Management, 60 000 Gäste sind es jährlich.

In Landtagskreisen kursiert ein unschönes Wort dafür, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem in den Plenarwochen beengt sitzen: Legehennenbetrieb. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) formuliert es charmanter: „ein großes Ärgernis“.

Schon seit Längerem krallt sich der Landtag, was er ergattern kann an Flächen im Umkreis des Maximilianeums. „Immer Stückwerk, kein Gesamtkonzept“, sagt Worm. Aigner und er stehen am Mittwoch im Garten eines denkmalgeschützten Ensembles im Stadtviertel Altstadt-Lehel, zu dem auch das Geburtshaus der Versicherungskammer gehört. Am Vortag wurde der Vertrag unterzeichnet, gebilligt vom Haushaltsausschuss, der Landtag mietet sich hier vom Jahr 2027 an ein.

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Auf dem Areal soll dann vor allem das Landtagsamt sitzen und im Haupthaus Platz frei machen für die parlamentarische Arbeit. Weitere Detailplanungen zur Nutzung stehen noch aus. Andere bisherige Mietobjekte werden aufgegeben, außer eines mit Appartements für Politiker. Durch die neue Immobilie verfügt der Landtag dann über gut 30 Prozent mehr Fläche als bislang. „Ein mutiger Schritt“, sagt Aigner, ein „echter Befreiungsschlag für die Zukunft“. Man weiß ja nicht, ob es nach der Landtagswahl 2028 womöglich noch weitere neue Fraktionen geben könnte.

Der Mietvertrag wurde für 25 Jahre geschlossen, Kosten über die gesamte Laufzeit: 209 Millionen Euro. Oha, Langzeitmiete, da klingelt’s, zuletzt hatte das Nürnberger Zukunftsmuseum, ein Prestigeprojekt von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), sogar einen Untersuchungsausschuss beschäftigt. Im Fokus: ein teurer Vierteljahrhundert-Vertrag, da hätte man das Objekt glatt kaufen können. Keine Sorge, beruhigt Aigner: Ein Gutachten liege vor, das den Vertrag als „sachgerecht und marktüblich“ bewertet. Kaufen konnte man das Objekt nicht, hätte sich das aber vorstellen können.

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