Süddeutsche Zeitung

Junge Union:CSU: Die Frauenquote als machtpolitisches Instrument

  • Eine modern gestylte, reformierte CSU soll nach dem Parteitag in zwei Wochen Schwung aufnehmen.
  • Die Junge Union will dabei aufgewertet werden, doch es gibt Widerstand aus der Parteispitze und auf Landesebene.
  • Auch die Frauenquote soll ausgeweitet werden.

Von Wolfgang Wittl

Wie sehr sich die CSU in diesem Jahr verändert hat, zeigt sich an der Wahl des Veranstaltungsortes. Bei ihrem Sonderparteitag Mitte Januar, bei dem Horst Seehofer das Zepter an Markus Söder übergab, ging es für die Delegierten erst einmal dreißig Treppenstufen bergab, ehe sie ihre Wunden leckten. Der Symbolcharakter ließ sich nach einer Serie von Wahlschlappen nicht leugnen: Die CSU versammelte sich in der Kleinen Olympiahalle, unterirdisch und ganz für sich.

In knapp zwei Wochen wird sich die CSU zu ihrem regulären Parteitag wieder am Olympiagelände treffen, dann in der großen Halle. Neben tausend Delegierten sind 3000 Gäste eingeladen - alle sollen ein Überraschungsgeschenk erhalten, das die neue Liebe zu Natur und Klima unterstreichen soll. Die CSU denkt wieder groß. Ob die Bäume wirklich in den Himmel wachsen, ist freilich keineswegs ausgemacht.

Zum Reformparteitag hat Söder den Termin ausgerufen, eine modern gestylte CSU soll Schwung aufnehmen für die nächsten Jahre. Am Freitag tagte die Reformkommission zum letzten Mal nach monatelangen Verhandlungen. Fünf Stunden waren angesetzt, und obwohl die Sitzung länger dauerte als geplant, gibt es in einer zentralen Frage noch immer keine Einigung. Klar ist nur, dass die CSU jünger und weiblicher werden will. Wie das genau aussehen soll, bleibt ein zähes Ringen.

Konkret geht es um Forderungen der Jungen Union, ihrerseits sichtbar aufgewertet zu werden, wenn sie einer Ausweitung der Frauenquote zustimmt. So hat die JU durchgesetzt, dass ein Stellvertreterposten in Kreis- und Bezirksvorständen künftig an eine Person unter 35 Jahren gehen soll. Knackpunkt ist die Landesebene. Die JU hätte gerne auch einen U-35-Stellvertreter Söders. Dann würde sie eine Ausweitung der Frauenquote auf 40 Prozent in den Kreisvorständen mittragen. Im engeren Parteivorstand und in den Bezirken soll eine paritätische Vergabe an Frauen und Männer festgeschrieben werden.

Andere Parteigliederungen, etwa Frauen-Union und Senioren-Union, sollen zu den JU-Plänen Zustimmung signalisiert haben - teils aus Überzeugung, teils des Friedens willen. Einerseits könne man den Jüngeren in der Partei ein herausgehobenes Amt nicht verwehren, heißt es in der CSU, andererseits sei das Geschachere um Posten der Basis kaum noch vermittelbar. Der größte Widerstand gegen die JU-Forderung kommt aus der Parteispitze. Söder soll dem Vernehmen zwar nach nichts gegen einen jüngeren Stellvertreter haben, wenn der Augsburger OB Kurt Gribl als Parteivize abtritt. Er halte aber wenig davon, diesen Passus in der Satzung festzuschreiben. Diese Linie hätten die Generalsekretäre Markus Blume und Florian Hahn in der Reformkommission deutlich vertreten.

Ohnehin soll Söders Verhältnis zur JU im Moment nicht das beste sein. Anstatt den Kurs der Modernisierung mitzutragen, kämpfe der Parteinachwuchs mit Methoden von gestern, kritisieren Söders Leute. Außerdem sei es in der Außenwirkung nicht förderlich, dass die JU gegen die Frauenquote so strikt Stellung beziehe. So hält die JU an ihrer Kernforderung fest, dass die CSU mittelfristig quotenfrei werden müsse. Die Reformkommission hat sich darauf verständigt, dass in fünf Jahren geprüft werden soll, ob es eine solche Quote wirklich dauerhaft brauche - oder ob sie als vorübergehendes Hilfsmittel ausreicht.

Ulrike Scharf, die neue Vorsitzende der Frauen-Union, soll zur Abschaffung bereit sein, sollte sich der Frauenanteil in der CSU bis dahin etabliert haben. Sie wird aber mit den Worten zitiert, dass es in der jetzigen Phase außerordentlich kontraproduktiv sei, Söders Werben um mehr Frauen in der Partei zu hinterfragen. In der JU wiederum herrscht ein Grummeln, weil der Parteichef bislang nicht begründet habe, weshalb der Nachwuchs keinen Stellvertreterposten bekommen solle.

Ein Kompromiss könnte so aussehen, dass die JU keinen Stellvertreter, aber einen Präsidiumsposten bei Schatzmeister oder Schriftführer erhält. Das dürfte davon abhängen, ob sich jemand zum Kampf um den Parteivize findet. Die intern gehandelten Judith Gerlach, Hans Reichhart und Katrin Albsteiger sollen bereits dankend abgelehnt haben - anders als der ehrgeizige Traunsteiner Landrat Siegfried Walch. Ihm wird weiterhin Interesse nachgesagt.

Vergleichsweise entspannt läuft eine Debatte, die am Parteitag 2016 erheblichen Unmut provoziert hatte. Damals erhöhte die CSU den Mitgliedsbeitrag von 62 auf 70 Euro. Nun soll er von 70 auf 80 Euro steigen, auch um die Schlagkraft der Parteizentrale zu erhöhen. Damit liegt die CSU immer noch unter den Beiträgen anderer Parteien. Dass es bis jetzt keinen Ärger gab, liegt aber wohl daran, dass diesmal auch die Bezirke und Kreise stärker von der neuen Erhöhung profitieren sollen.

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SZ vom 07.10.2019/vewo
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