Kinderbetreuung:Kommunen können Kitas nicht mehr bezahlen

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Wie wichtig frühkindliche Bildung ist, war im Sozialausschuss unbestritten, aber die Finanzierung der Kitas bereitet Trägern und Verbändern große Sorgen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Die Gemeinden klagen über große Finanzierungslücken bei den Kindertagesstätten. Trägerverbände fordern eine Milliarde Euro mehr, vom Freistaat – nicht nur, um die Engpässe auszugleichen.

Von Sara Rahnenführer

Ein Stöpsel muss her, um das immer größer werdende Finanzierungsloch bei den Kindertagesstätten in Bayern zu stopfen. Darin waren sich am Donnerstag in der Expertenanhörung im Sozialausschuss des Landtages alle Verbandsvertreter und Landtagsabgeordnete einig. Mehr als fünf Stunden lang diskutierten sie eine mögliche Reform des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) und hatten besonders die Finanzierung der Kitas im Fokus.

„Das System bricht zusammen. Jeden Tag ruft bei mir ein Bürgermeister an, weil es nicht mehr finanzierbar ist“, sagte Manfred Riederle, Vize-Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags.

Die Stoßrichtung aller geladenen Experten war deutlich: Es braucht mehr staatliche Förderung für Kitas in Bayern. Derzeit deckten die staatlichen Förderungen nur noch 60 Prozent der durchschnittlichen Betriebskosten einer Kita ab. Der Rest muss über Elternbeiträge, Spenden oder von den Gemeinden finanziert werden. Diese Deckungslücke wird seit Jahren immer größer.

Laut der Interessensverbände gebe es zudem ein Nord-Süd-Gefälle und besonders in den Kommunen in Franken fehle das Geld für die Refinanzierung der Einrichtungen. Gerade im Hinblick auf die Bildungsgerechtigkeit und Chancengerechtigkeit, die das Kita-Gesetz sichern soll, sei das problematisch. „Dass die ausreichende Finanzierung der Kindertagesbetreuung von den finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Kommunen abhängt, ist absolut nicht zukunftsfähig. Es kann nicht sein, dass die Rahmenbedingungen dort am schlechtesten sind, wo die sozioökonomischen Verhältnisse am schwierigsten sind“, sagte auch Dirk Rumpff, Finanzvorstand des Evangelischen Kita-Verbands, vor der Sitzung zur SZ.

Die Förderung der Träger setzte sich bislang aus einem kommunalen und einem staatlichen Förderanteil zusammen. Dieser reicht aber aufgrund gestiegener Betriebskosten, wie Mieten und erhöhter Qualitätsstandards nicht aus. Die Kommunen schaffen es offenbar nicht mehr, die über Jahre entstandene Finanzierungslücke auszugleichen. Um eine drastische Erhöhung der Elternbeiträge oder gar Schließungen von Einrichtungen zu verhindern, braucht es aus Sicht der Experten im Ausschuss nun schnellstmöglich finanzielle Unterstützung vom Freistaat. „Die Hütte brennt“, sagte Kurt Krömer, Erster Bürgermeister der Stadt Stein im Kreis Fürth als Vertreter des Bayerischen Gemeindetags. Um die kommunalen Defizite trotz der steigenden Kosten niedriger halten zu können, müsse die Förderung von derzeit 60 Prozent auf 90 Prozent erhöht werden. „Ganz ausgleichen können wir es eh nicht.“

Alexa Glawogger-Feucht, Geschäftsführerin des Verbands katholischer Kindertageseinrichtungen, forderte eine Milliarde Euro, um die Engpässe bei den Kommunen auszugleichen. Langfristig sollten die Betriebskosten höher bezuschusst werden, sodass Träger eine bessere Planbarkeit haben und den hohen qualitativen Standards im Kita-Gesetz nachkommen können.

An der Qualität sparen wollte niemand. Der Wert der frühkindlichen Bildung und die Leistung der Kitas bei Förderung, Integration und Inklusion war unbestritten. Aber zu welchem Preis? „Wir brauchen dringend bessere Arbeitsbedingungen“, sagte etwa Lisa Pfeiffer, vom Verband Kita-Fachkräfte Bayern. Erzieher brauchten viel Zeit, um mit der notwendigen Sensibilität auf die enormen Herausforderungen eingehen zu können.

Private Träger nutzen die Lücke im System

Eine Steigerung der staatlichen Förderung der Kindertagesbetreuung sei aber auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Profitorientierung von Trägern wichtig: Fehlende Kitaplätze und die nicht abebbende Nachfrage nach Plätzen führt demnach dazu, dass die Kindertagesbetreuung immer interessanter wird für private Investoren. Verzweifelte Eltern, die keinen Platz für ihr Kind finden, müssen mitunter hohe Summen von 1000 Euro und mehr für private Kitas bezahlen. „Die Regierung hat viel zu lange weggeschaut“, sagte die Sozialausschussvorsitzende Doris Rauscher (SPD). Jetzt werde sie um eine Reform und höhere Zuschüsse nicht mehr drum herumkommen. Anlass zu Optimismus sah Rauscher dennoch nicht.

Laut Rauscher seien die Investitionen des Freistaates bei Weitem nicht ausreichend, um für eine langfristige Verbesserung der Verhältnisse zu sorgen. „Der Ausbau hilft auch nicht, wenn es an Fachkräften fehlt.“ Der Personalmangel ist das andere große Problem der Kitas in Bayern. Zwar gibt es diverse Weiterbildungsprogramme und die Ausbildungskapazitäten wurden erhöht, aber herzaubern kann man die Erzieher nicht. Das hatte zuletzt eine Anhörung im Ausschuss vor sechs Wochen gezeigt.

Die Finanzierung ist aber offenbar nicht der alleinige Hebel, für eine Verbesserung der prekären Lage: Riederle meldete sich mehrmals zu Wort, um auf die Komplexität des Kita-Gesetztes hinzuweisen. „Es ist wichtig, im Blick zu behalten, dass die gesetzlichen Vorgaben auch umsetzbar bleiben“, sagte Riederle.

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