Kommunaler Finanzausgleich:Wer bezahlt was in Bayern?

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Die Bezirkskliniken zum Beispiel werden von den Bezirken getragen. Anders als kommunale Kliniken oder Kreiskrankenhäuser. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Der kommunale Finanzausgleich soll bayernweit „gleichwertige Lebensverhältnisse“ ermöglichen – dafür muss das Geld zwischen Kommunen, Landkreisen und Bezirken mit ihren unterschiedlichen Aufgaben verteilt werden. Das ist kompliziert.

Von Christian Sebald

Die Schulhäuser sind ein gutes Beispiel: Wann immer in Bayern eine neue Schule gebaut oder eine alte saniert werden soll, sind die Kommunen gefragt. Für die Grund- und die Mittelschulgebäude sind die Gemeinden zuständig, in denen sie liegen, für die Gebäude der weiterführenden Schulen – also die Realschulen und die Gymnasien – die Landkreise und die kreisfreien Städte. Sie sind die sogenannten Sachaufwandsträger, und damit zuständig für die Planung, die Abwicklung und eigentlich auch die Finanzierung der Projekte.

Bei der Finanzierung der oft viele Millionen teuren Projekte ist das aber nur die halbe Wahrheit. Denn dabei ist natürlich auch der Freistaat mit an Bord. Aus eigener Kraft könnten die Kommunen sie nicht stemmen. Nach einem ausgeklügelten System überweist Finanzminister Albert Füracker (CSU) den Kommunen deshalb dazu Zuweisungen. Der Richtwert für sie beträgt etwa die Hälfte der Kosten. Bei besonders klammen Kommunen können sich die Zahlungen aber schon mal auf 90 Prozent summieren. Im laufenden Jahr stellt der Freistaat 700 Millionen Euro allein an Zuweisungen für öffentliche Schulgebäude zur Verfügung.

Ausgehandelt wird die Summe der Zahlungen jedes Jahr Ende Oktober, Anfang November für das folgende Jahr beim kommunalen Finanzausgleich. Der Termin ist einer der wichtigsten des Jahres für Finanzminister Füracker und die Vertreter der Kommunen, als da sind der Städtetag mit dem Straubinger OB Markus Pannermayr an der Spitze, der Landkreistag mit seinem Chef, dem Fürstenfeldbrucker Landrat Thomas Karmasin, der Gemeindetag unter dem streitbaren Abensberger Bürgermeister Uwe Brandl und der Bezirketag mit dem oberpfälzischen Bezirkstagspräsidenten Franz Löffler (alle CSU).

Der kommunale Finanzausgleich ist finanzpolitischer Ausdruck des Miteinanders zwischen Freistaat, seinen 2056 Gemeinden und Städten, den 71 Landkreisen und den sieben Bezirken. Das heißt nicht, dass auf den herbstlichen Treffen nicht regelmäßig bis zuletzt gefeilscht wird. Und zwar gleich, ob in Zeiten der wirtschaftlichen Hochkonjunktur, wenn die staatlichen Einnahmen sprudeln, oder in sich abzeichnenden Krisen, wenn alle Welt von drohenden Ausfällen spricht.

„Grundlage für eine lebendige und funktionierende Selbstverwaltung der Kommunen, wie sie die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz garantieren, ist eine ausreichende und den unterschiedlichen Strukturen angemessene Finanzausstattung“, schreibt Füracker in einer Broschüre. Nicht nur aus seiner Sicht ist der kommunale Finanzausgleich eine zentrale Voraussetzung für „gleichwertige Lebensverhältnisse und Zukunftschancen überall im Land“.

Deshalb geht es auch um viel mehr als um die Schulhäuser, so wichtig sie auch sind. Denn die Kommunen sind für viele weitere öffentliche Einrichtungen und Leistungen zuständig. Die sieben bayerischen Bezirke etwa führen die meiste Zeit ein Leben fernab der Öffentlichkeit und wenn, dann nimmt man Notiz von ihnen in Sachen Brauchtumspflege. Dass sie als Träger der Eingliederungshilfe eine zentrale Rolle für Menschen mit seelischen, geistigen und körperlichen Behinderungen erfüllen, weiß kaum einer, der nicht betroffen ist.

Beim kommunalen Finanzausgleich blicken vor allem Fachleute durch

2022 bezogen laut Bezirketag bayernweit 124 000 Menschen mit Behinderung Eingliederungshilfe, also finanzielle Unterstützung etwa für medizinische Rehabilitation, für ihren Arbeitsplatz oder ihre Bildung. Die Ausgaben dafür beliefen sich auf 3,4 Milliarden Euro. Damit die Bezirke diese Leistungen auch in Zukunft bezahlen können, bekommen sie im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs Zuweisungen vom Freistaat: Im laufenden Jahr sind es 716 Millionen Euro.

Auch der Bau und die Sanierung von Kindertageseinrichtungen, ein Teil der Finanzierung der Kreiskrankenhäuser und der kommunalen Kliniken, die Schülerbeförderung, die Jugendhilfe und der Bau und Unterhalt vom Gemeindestraßen sind eigentlich Aufgaben der Kommunen. Aber auch an ihrer Finanzierung beteiligt sich der Freistaat im kommunalen Finanzausgleich. Mal mit geringeren Beträgen, wie bei der Jugendhilfe (16,9 Millionen im Jahr 2024), was den vielen Landräten und OBs nicht ausreicht, weil ihnen die Kosten davonlaufen, mal mit ordentlichen Summen, wie bei den 300 Millionen bei der Schülerbeförderung.

Der Löwenanteil des kommunalen Finanzausgleichs sind freilich die Schlüsselzuweisungen. Sie sollen einen Ausgleich herstellen zwischen finanziell schwächeren und stärkeren Kommunen, damit alle ihre Aufgaben gleichermaßen erfüllen können. Ihre Höhe wird für jede Kommune einzeln berechnet. Die Formel ist höchst kompliziert, wie überhaupt nur Fachleute die Details des kommunalen Finanzausgleichs wirklich durchblicken. Im laufenden Jahr summieren sich die Schlüsselzuweisungen auf 4,4 Milliarden Euro oder 38,6 Prozent des kommunalen Finanzausgleichs, der insgesamt knapp 11,4 Milliarden umfasst. Damit sind beide auf Rekordniveau.

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