Wintersport:Kunstschnee von gestern

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Die Jennerbahn in Schönau am Königssee wurde vor einigen Jahren für 57 Millionen Euro erneuert. (Foto: Marika Hildebrandt/Berchtesgadener Bergbahn AG)

Weil die meisten Fahrgäste sowieso lieber zu Fuß gehen, will die Jennerbahn am Königssee im kommenden Winter aufs künstliche Beschneien der meisten Skipisten verzichten.

Glosse von Matthias Köpf, Schönau

Noch liegt einiger Schnee droben am Jenner, hoch über Schönau und dem Königssee. Ob aber die weißen Reste weiter unten alle natürlichen Ursprungs sind oder irgendwann aus Lanzen und Kanonen kamen, das lässt sich aus der Distanz schwer feststellen. Und mit der Seilbahn hinauffahren geht gerade nicht, denn die Jennerbahn ist in Frühjahrsrevision. Erst am Samstag soll sie wieder anlaufen, und damit beginnt dann definitionsgemäß die Sommersaison, Schnee hin oder her. Aber hin oder her ist da eigentlich sowieso nicht die Frage, eher hin oder weg. Insgesamt macht sich am Jenner jedenfalls der bärentappertiefe Eindruck breit, dass der ganze Schnee irgendwie von gestern ist.

Die Jennerbahn hat nämlich neulich mitgeteilt, dass sie ihren Betrieb anders ausrichten und es vom kommenden Winter an nur noch einen eingeschränkten Skibetrieb geben werde. Wenn es dann wieder nicht gescheit schneit jedenfalls, denn direkt in den Weg werfen werden sie sich den Skifahrern erst einmal auch nicht. Nur wollen sie halt nicht mehr gar so viel künstlich beschneien. Bloß im Kinderland an der Talstation sollen die Grundlagen des Skifahrens noch maschinell gelegt werden, außerdem auf der blauen Piste an der Mittelstation, beim Trainingsstützpunkt des Deutschen Skiverbands am Krautkaser sowie auf der neuen Rodelbahn.

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Die Jennerbahn begründet diesen Beschluss ihres Aufsichtsrats mit den Erfahrungen aus dem zurückliegenden Winter. Da wollten offenbar nicht mehr allzu viele Gäste auf beschneiter Piste zu Tal brettern, sondern waren eher als Freerider, Tourengeher oder Schneeschuhwanderer im freien Gelände unterwegs. "Tatsächlich gingen 70 Prozent unserer verkauften Tickets an Fußgänger," sagt Jennerbahn-Vorstand Thomas Hettegger, wobei all diese Fußgänger vorher schon noch Seilbahn gefahren sein werden, sonst hätten sie ja keine Tickets gebraucht. Kunstschnee brauchen sie aber nicht mehr.

Und wenn sich das Beschneien nicht mehr lohnt, dann lässt die Bahn es bleiben, denn sie muss aufs Geld schauen. Immerhin hat sie vor ein paar Jahren 57 Millionen Euro in die eigene Erneuerung gesteckt, davon 10,5 Millionen vom Freistaat, der immer noch gern Schneekanonen fördert. Der Jennerbahn aber ist die dauernde Beschneierei bis ins Tal für die paar Skifahrer inzwischen doch zu teuer.

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