Bislang ist der Streit um die Klimaschutzpolitik der Staatsregierung ausschließlich im Landtag und auf anderen politischen Bühnen ausgetragen worden. Nun wird er zum ersten Mal vor Gericht ausgefochten. An diesem Donnerstag verhandelt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) über die Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen den Freistaat Bayern. Für die DUH ist es ein großer Tag. "Mit unserer Klage wollen wir erzwingen, dass Staatsregierung und Landtag endlich ein Klimaschutzprogramm beschließen, das seinen Namen verdient", sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. "Das was sie bisher vorgelegt haben, ist nämlich nur eine wahllose Aufzählung von einzelnen Maßnahmen, ohne echten Anspruch darauf, dass Bayern damit seine eigenen Klimaziele, die des Bundes oder das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzvertrags einlösen kann."
Mit ihrer Klage reiht sich die DUH ein in die lange Schlange der Parteien, Verbände und Experten, die kein gutes Haar an der bayerischen Klimaschutzpolitik lassen. Denn es werfen ja längst nicht nur die Landtagsopposition und Umweltorganisationen, zu deren Kerngeschäft die Kritik an der Staatsregierung gehört, der schwarz-orangen Koalition Komplettversagen beim Klimaschutz vor. Sondern auch zahlreiche Organisationen und Fachleute, die über jeden parteipolitischen Verdacht erhaben sind - aus der Energiebranche, der Industrie und der Wirtschaft ganz generell, aber auch aus den Kommunen, den Universitäten, allen möglichen Forschungsinstituten und dergleichen Einrichtungen mehr. Das haben die vielen schriftlichen Erklärungen zum neuen bayerischen Klimaschutzgesetz, aber auch die mündlichen Stellungnahmen in der parlamentarischen Anhörung dazu klar gemacht.

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Der Chef der Landtags-Grünen, Ludwig Hartmann, nennt die DUH-Klage denn auch "einen Hilfeschrei gegen die Ignoranz von Ministerpräsident Markus Söder, wenn es darum geht, unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Welt zu hinterlassen". Und aus Sicht von SPD-Chef Florian von Brunn ist es überfällig, dass die Staatsregierung endlich zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet werde. Er würde sich deshalb über einen entsprechenden Spruch des VGH "sehr freuen".
Die Klage der DUH selbst stammt vom Sommer 2021. Damals hatte das Bundesverfassungsgericht gerade weite Teile des Klimaschutzgesetzes des Bundes per Beschluss kassiert. Der Grund: Es war den Karlsruher Richtern zu unverbindlich und zu wenig detailliert - und zwar sowohl was die Ziele anbelangt als auch die einzelnen Klimaschutzmaßnahmen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war seinerzeit einer der ersten, die erkannten, dass der Beschluss Konsequenzen für die bayerische Klimaschutzpolitik hat, und kündigte prompt die Überarbeitung des damals erst wenige Monate alten bayerischen Klimaschutzgesetzes und die Formulierung eines viele Millionen Euro schweren Klimaschutzprogramms an.
"Reine Absichtserklärungen"
Die DUH wollte nicht abwarten, bis beides fertig ist. Wie in anderen Bundesländern legte sie auch in Bayern schnell Klage gegen die Klimaschutzpolitik ein. Und sie fühlt sich dieser Tage darin bestärkt. Aus ihrer Sicht sind die Verschärfung der Vorgaben in Bayern - so soll der Freistaat nun schon 2040 klimaneutral sein statt vormals 2050 - und die 150 Einzelmaßnahmen im Klimaaktionsprogramm des Freistaats wieder nur "reine Absichtserklärungen, von denen keiner sagen kann, dass sie einen echten Klimaschutz bewirken", wie DUH-Geschäftsführer Resch sagt. "Das ist Papierverschmutzung! Das muss sich jetzt grundlegend ändern."
In der Staatsregierung dürften sie das anders sehen. Schon kurz nach dem Bekanntwerden der Klage vor eineinhalb Jahren erklärte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU), er gehe fest davon aus, dass sich die Klage der DUH durch das neue bayerische Klimaschutzgesetz gleichsam von selbst erledigen werde. Dementsprechend kann man dieser Tage beim VGH erfahren, dass die Staatsregierung in der Verhandlung die Überzeugung vertreten werde, der DUH fehle "bereits die Befugnis zur Erhebung einer solchen Klage". Beobachter gehen davon aus, dass es am Donnerstag zunächst einmal um komplizierte Verfahrensfragen gehen wird. Mit einer Entscheidung wird erst zu einem späteren Zeitpunkt gerechnet.