Mitten in Augsburg:Klimaschützer versus Autofahrer

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Immer wieder ein Ärgernis: Falsch parkende Autos sind für Radfahrer nicht nur ein Grund für Zorn, sondern sie bergen auch Gefahren. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Parksündern drohte in Augsburg am Mittwoch eine Art konzertierte Strafaktion: Denn Aktivisten hatten zum Fotografieren und Anzeigen von Falschparkern aufgerufen. Wer das wohl wieder ausbaden muss?

Glosse von Maximilian Gerl

Nichts zu tun? Schöner Witz. Mit dem Klischee der müden Amtsstube können die meisten Beamtinnen und Beamten wenig anfangen; eher geben sie auf Nachfragen an, über zu wenig Arbeit nicht klagen zu können. Auch im Ordnungsamt Augsburg sind nach allem, was man weiß, Eingaben über Langeweile nicht aktenkundig. Vielmehr könnte sich die Arbeit dort in den kommenden Tagen schlagartig häufen: Denn örtliche Klimaschützer hatten für diesen Mittwoch zum Fotografieren und Anzeigen von Falschparkern im gesamten Stadtgebiet aufgerufen.

Tatsächlich drohte Augsburgs Parksündern am Mittwoch eine Art konzertierte Strafaktion, kurzfristig morgens vonseiten des Klimacamps angekündigt. Die Begründung: "Es ist einfach Wahnsinn, wie viele Autofahrer Radfahrende durch das Halten und Parken auf Radwegen gefährden und wie sehr Polizei und Ordnungsamt diese rechtswidrigen Verhalten durch Untätigkeit dulden."

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Die Reaktion auf solche Sätze kann man sich in Bayern derzeit ganz gut vorstellen: Die einen jubeln, die andern geifern. Dabei ist eigentlich wenig einzuwenden, wenn Sünder Strafe erfahren. Auch Rettungsdienste verweisen darauf, dass Falschparken Unfälle provoziert. Früher hätte das Bußgeld vielleicht auch genügt, um Sünder zur Reue zu bewegen, heute aber scheint mehr denn je die Macht des Klischees Handlungswege vorzugeben. Und mit Zerrbildern haben sich "der Klimaaktivist" wie "der Autofahrer" gleichermaßen rumzuschlagen. Der eine soll demnach lieber arbeiten gehen, statt sich irgendwo festzukleben - und der andere aufhören, seinen Motorenfetisch auf Kosten künftiger Generationen auszuleben.

So richtig in Austausch kommen und miteinander reden, gilt da, man ahnt es, momentan als schwierig. Nicht nur beim Klimaschutz. Stattdessen - so will es ebenfalls das Klischee - regiert die "Jetzt erst recht"-Mentalität: Wenn eine Seite etwas vorschlägt, ruft die andere zum Gegenteil auf. Wie gut also, dass die Augsburger Aktivisten ihre Aktion so kurzfristig ankündigten, womöglich wären sonst Hunderte Autofahrer den ganzen Tag im Stadtgebiet gekreist, um alle zehn Minuten trotzig einen anderen Radlweg zu blockieren. Die Folgen spürt in jedem Fall das Ordnungsamt. Von wegen keine Arbeit: viel Spaß!

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