Naturschutz:Der Winzling unter den Spechten

Naturschutz: Kleinspechte hämmern ihre Bruthöhlen in Birken, Erlen und andere Laubbäume mit weichem Holz. Der Landesbund für Vogelschutz erforscht jetzt, wie es um die Art in Bayern steht.

Kleinspechte hämmern ihre Bruthöhlen in Birken, Erlen und andere Laubbäume mit weichem Holz. Der Landesbund für Vogelschutz erforscht jetzt, wie es um die Art in Bayern steht.

(Foto: Imago)

Der Kleinspecht macht seinem Namen alle Ehre. Abgesehen davon weiß man nur wenig über die Art. Ein Forschungsprojekt soll das jetzt ändern.

Von Christian Sebald, Hilpoltstein

Den Buntspecht kennt ein jeder. Auch der Schwarzspecht und der Grünsprecht sind vielen bekannt. Aber der Kleinspecht? Der ist den wenigsten geläufig. Dabei ist der schwarz-weiß gefiederte Vogel, deren Männchen eine auffällige rote Kappe auf dem Kopf tragen, ein markantes Tier. Selbst Experten wissen nur wenig über den Kleinspecht. Das fängt schon mit der Frage an, wie verbreitet er überhaupt ist. Am Landesamt für Umwelt (LfU), wo sie die Artenvielfalt erfassen, schätzen sie, dass in Bayern zwischen 2200 und 3400 Brutpaare leben. Damit zählt Dryobates minor, so sein wissenschaftlicher Name, zu den eher seltenen Arten. Deshalb steht er auf der Vorwarnliste der Roten Liste.

Beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt am Main wollen sie es jetzt genau wissen. Dort läuft gerade ein Forschungsprojekt über den Kleinspecht. Die zentrale Frage der Feldforschungen und Kartierungen, die bis 2023 andauern, lautet: Wie ist es tatsächlich um den Kleinspecht in Bayern bestellt?

Der Vogel führt ein unauffälliges Dasein

Die bis zu 15 Zentimeter großen Kleinspechte, deren "kjik"-Rufe sehr denen des Buntspechts ähneln, sind in Laub- und Mischwäldern zu Hause, vor allem wenn sie nah am Wasser liegen. Deshalb trifft man sie vor allem in Auenlandschaften, Erlenbrüchen und Moorwäldern an. Immer wieder besiedeln sie auch Streuobstwiesen oder Parks. "Der Kleinspecht hält sich vor allem in den Kronen von Laubbäumen auf", sagt Simon Niederbacher, der das Forschungsprojekt für den LBV leitet. "Dort führt er ein unauffälliges Dasein, er gilt deshalb als schwierig zu erfassende Art."

Oben in den Bäumen klettert der Kleinspecht, der ein Standvogel ist und deshalb auch im Winter hier ausharrt, gerne an Ästen herum. Von dort aus startet er immer mal wieder zu kurzen Beuteflügen. Er ist auf Käfer und Larven aus, die im Holz leben, frisst aber auch Blattläuse, Raupen, Spinnen und Schnecken. Seine Höhlen, die er in absterbende Birken, Erlen und andere Laubbäume mit weichem Holz hämmert, werden oft auch von Meisen, Kleibern und ähnlichen Vögeln genutzt. In Großbritannien und anderen europäischen Länden sind in den vergangenen Jahren die Kleinspecht-Bestände zum Teil dramatisch eingebrochen.

Buntspechte rauben oft die Nisthöhlen aus

Auch in Bayern mehren sich die Anzeichen, dass die Zahl der Kleinspechte rückläufig ist. "Ein Grund könnte sein, dass sie wegen des Insektensterbens immer weniger zum Fressen finden", sagt Niederbacher. "Auch die typischen Lebensräume des Kleinspechts, vor allem die Streuobstwiesen, sind immer seltener geworden." Ein anderer Grund könnte die scharfe Konkurrenz zwischen Kleinspechten und Buntspechten sein. "Buntspechte rauben für die Aufzucht ihrer Jungen oft die Nisthöhlen des Kleinspechts aus", sagt Niederbacher. So sind zwei der vier Kleinspecht-Bruthöhlen, die bei dem Forschungsprojekt entdeckt und untersucht worden sind, von Buntspechten geplündert worden.

Die Feldforschungen sollen in der Hauptsache von ehrenamtlichen Mitarbeitern übernommen werden. Vorkenntnisse über die Spechtarten in Bayern sind natürlich hilfreich, aber nicht notwendig. "Im Februar veranstalten wir eine Online-Schulung", sagt Niederbacher. "Da bekommen Interessenten alles vermittelt, was sie wissen müssen." Zum Start der Kartierungen erhalten die Ehrenamtler außerdem kleine, tragbare Lautsprecher, die mittels Smartphone akustische Lockrufe abspielen. Mit Hilfe der sogenannten Klangattrappen kann man Kleinspechte anlocken und so leichter erfassen.

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