Wie viele Erzieher pro Kind braucht eine gute Kita? Was hilft gegen den brennenden Personalmangel? Solche Fragen interessieren Eltern. Künftig sollen sie deshalb ihre Ideen dazu auch in die Landespolitik einbringen dürfen. Lange hatte sich das Familienministerium gegen einen eigenen Beirat gesträubt, wie er in den meisten anderen Bundesländern üblich ist. Pünktlich zum Wahlkampf aber gibt es offenbar ein Umdenken: "Wir wollen eine aktive Elternbeteiligung", erklärte Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) am Donnerstag. Mit einem Landeselternbeirat will sie "feste Strukturen" dafür schaffen. Der Beirat soll über die Entwicklung der Kinderbetreuung informiert werden und auch eigene "Impulse und Ideen" einbringen dürfen.
15 Mitglieder soll das neue Gremium haben und von Krippe und Kindergarten bis Hort, Tagespflege und Förderstätten alle Einrichtungen der Kinderbetreuung repräsentieren. Immerhin 130 000 Euro jährlich sind dafür eingeplant. So steht es in dem Entwurf, der derzeit den Verbänden zur Stellungnahme geschickt wird.
In der organisierten Elternschaft ist man positiv einerseits überrascht von der Initiative, für die manche Eltern seit Jahren vergeblich gekämpft haben. "Entscheidungen der Landespolitik haben unmittelbare Auswirkungen auf unsere Kinder in den Kitas", sagt etwa Daniel Gromotka. Der 45-Jährige hat selbst eine zehnjährige Tochter, die nach der Schule den Hort besucht. Schon seit der Krippen-Zeit seiner Tochter mischt er in verschiedenen Elternvertretungen mit, derzeit ist er der Vorsitzende des Gemeinsamen Elternbeirates städtischer Horte und Tagesheime in München.
Der Vorsitzende des Gemeinsamen Elternbeirates städtischer Horte und Tagesheime in München, Daniel Gromotka, kämpft schon lange für eine Vertretung auf Landesebene.
(Foto: Alessandra Schellnegger)Die Münchner haben sich mit Elternbeiräten aus Augsburg, Nürnberg und Ingolstadt zu einem gemeinsamen Netzwerk zusammengeschlossen. Eine offizielle Landesvertretung sind sie damit aber nicht. Die aber brauche es, findet Gromotka. Denn viele Fragen der Kita-Politik würden auf Landesebene verhandelt. Dass die Landesregierung nun reagiere, sei ein Erfolg, sagt er. Die Details des Entwurfs sieht er allerdings kritisch.
Nach den derzeitigen Plänen sollen die Mitglieder des neuen Gremiums "durch die im Bereich der Kindertagesbetreuung tätigen Verbände vorgeschlagen" werden. Das Staatsministerium will so erreichen, dass Vertreter verschiedener Einrichtungen zum Zuge kommen und auch das Verhältnis Stadt und Land gewahrt bleibt. Das Netzwerk der Elternbeiräte hält das für undemokratisch. Wer für die Elternschaft spricht, sollte von den Elternvertretern selbst ausgewählt werden, findet man dort. Die Opposition sieht das ähnlich. FDP, Grüne und SPD wollen deshalb einen eigenen Antrag einbringen.
"Will die Regierung so unbequeme Presse vermeiden?"
Auch an der Ausgestaltung des geplanten Gremiums stören sich die Eltern. Denn nicht nur dessen Geschäftsführung auch die Öffentlichkeitsarbeit des Landeselternbeirats "erfolgt durch das zuständige Staatsministerium", heißt es in dem Entwurf. "Will die Regierung so unbequeme Presse vermeiden?", fragt sich Gromotka.
Unbequem jedenfalls können Eltern sein. Zuletzt waren sie es in der Münchner Fisch-Affäre. Die Stadt hatte in einer Ausschreibung für das Catering in den städtischen Kitas den Fisch vom Speiseplan gestrichen. Kein Fischstäbchen mehr auf der Kindergabel? Die Eltern protestierten. Die Bild berichtete, und selbst Ministerpräsident Markus Söder interessierte sich plötzlich für den Speiseplan der Münchner Kita-Kinder.
Lieber also nicht zu viel Pressewind aus dem Elternkreis? Auf Rückfrage betont das Ministerium, dass man in der Pressearbeit nur operativ unterstützen wolle. "Das Gremium soll durch das zuständige Staatsministerium unterstützt werden, die Meinungen der Elternschaft zu eruieren, Abfragen durchzuführen oder die Vernetzungsarbeit mit Elternbeiräten zu koordinieren."