Kirchen:Heuler und verzogene Mechaniken

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Die Klais-Orgel in der St.-Bartholomäus-Kirche in Bergrheinfeld hat unter der Sommerhitze gelitten. Zwei von drei Klaviaturen hätten nur noch geheult, sagt der Sachverständige Rainer Aberle. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Die Sommerhitze und die lange Trockenheit haben auch den Orgeln in den bayerischen Kirchen geschadet. Der Regen der vergangenen Tage hat Erleichterung gebracht.

Von Vera Kraft/dpa, München

Statt festlicher Klänge nur noch Zischen und Pfeifen - wegen der Hitze haben einige Kirchenorgeln in Bayern teils nicht mehr richtig funktioniert. Denn die Trockenheit in diesem Sommer war eine besondere Herausforderung für die Musikinstrumente. Beim Bistum Würzburg gingen nahezu täglich Meldungen über beschädigte Instrumente ein, wie Rainer Aberle, Regionalkantor und Amtlicher Orgelsachverständiger, mitteilte. Auch bei der Erzdiözese München und Freising habe es Hinweise wegen hitzebedingter Schäden gegeben, sagte ein Sprecher. Dass die Musikinstrumente so empfindlich auf das Wetter reagieren, liege vor allem an den sensiblen Bauteilen und Materialien, heißt es vom Bistum Eichstätt.

Insbesondere Holz reagiert auf Änderungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Dadurch können die Form, der Klang und die Haltbarkeit von Instrumenten vorübergehend oder dauerhaft beeinflusst werden. Wenn die Luftfeuchtigkeit unter 55 Prozent sinke, könnten beispielsweise Schwundrisse im Holz auftreten, sagte der Würzburger Regionalkantor Aberle. Bei einer Luftfeuchtigkeit von unter 30 Prozent, wie es sie teilweise diesen Sommer gab, "wird die Situation dramatisch". Die Mechaniken verziehen sich, das technische System gerät durcheinander, es treten Heuler auf und Register lassen sich nicht mehr einschalten. Im schlimmsten Fall könnten Holzpfeifen und Windladen reißen, womit das Instrument unspielbar werde.

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In der St. Bartholomäus Kirche in Bergrheinfeld südlich von Schweinfurt hat demnach die Orgel nur noch "sehr, sehr eingeschränkt" funktioniert. Zwei von drei Klaviaturen hätten "nur noch geheult" und teilweise von selbst gespielt. Den Organisten blieb vielmals nur improvisieren und befeuchten übrig. Oft helfe es schon, die Emporen feucht auszuwischen oder Wasserwannen zur Verdunstung aufzustellen. Richtiges Lüften der Kirchen sei ebenfalls wichtig. Die größte Erleichterung hat aber der Regen gebracht. Mit der gestiegenen Luftfeuchtigkeit haben sich die meisten Schäden von selbst behoben, berichtete Aberle. Auch die Orgel der St. Bartholomäus Kirche war nach zwei bis drei Tagen wieder voll einsatzfähig - ganz ohne schiefe Töne.

Eine Orgel im Bistum Regensburg allerdings braucht wohl eine größere Reparatur. Auch bei der Orgel der St. Lorenz Kirche in Nürnberg scheint die Trockenheit langfristige Schäden angerichtet zu haben. Ansonsten meldeten die bayerischen Bistümer keine dauerhaften Schäden. Mit dem Ende der trockenen Sommermonate sei das Problem allerdings noch nicht vorüber, teilte der Sprecher der Evangelisch-Lutherischen Kirche mit. Zu geringe Luftfeuchte könne auch im Winter während der Heizperiode auftreten, hieß es von der Erzdiözese München und Freising.

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