Altötting, kennen Sie, nicht wahr? Das Herz Bayerns wird der Ort genannt, das geistliche Zentrum des Freistaats, bedeutendster Marienwallfahrtsort im deutschsprachigen Raum. Zur schwarzen Madonna, liebevoll die schwarze Mare genannt, sind schon Kaiser und Könige gepilgert, heute noch kommt eine Million Gläubige pro Jahr. Unzählige Wunder sollen in der Gnadenkapelle herbeigebetet worden sein.
Tausende Votivtafeln zeugen von der Hilfe der Gottesmutter in Unglück, Naturkatastrophen und Krieg, Kinder sollen gesundet oder überhaupt erst geboren worden sein auf Fürsprache Mariens, unzählige Leiden gemildert.

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Die bayerischen Herrscher haben ihre Herzen in Altötting bestatten lassen. Drei Päpste waren schon zu Besuch (Pius VI. im Jahr 1782, Johannes Paul II. 1980 und Benedikt XVI. 2006), und der bayerische hat seinem liebsten Marienheiligtum dann auch noch die Goldene Rose verliehen, ein Zeichen besonderer päpstlicher Zuneigung.
Kurzum, viel katholischer geht es also nicht. Oder? Tja, nun kratzt eine Zahl allerdings gewaltig am katholischen Image: 53,4 Prozent. Das ist dem Statistischen Bundesamt zufolge der Anteil der Katholiken in Altötting. Nur ein bisschen mehr als die Hälfte. Das macht unter den 2056 Gemeinden in Bayern nur Platz 1288 von 2056. Nix zum Angeben beim nächsten Papstbesuch.
Bisschen peinlich, für ganz Oberbayern übrigens, wo der Legende zufolge die CSU das schöne Bayern erfunden hat und katholische Feiertage immer noch herhalten als Kulisse für Politiker in Tracht, die dann herauswinken aus Kutschen und Kirchen und dem heidnischen Rest des Landes demonstrieren, wo die Welt noch in Ordnung ist. Und jetzt findet sich Oberbayern bei diesem Katholiken-Ranking zum ersten Mal auf Platz 26, da steht Titting.
Offenbar liegt das katholische Zentrum Bayerns ganz woanders. In Wattendorf nämlich, im Landkreis Bamberg. Dort gibt es keine Gnadenkapelle, sondern die Kirche St. Barbara, die natürlich keine selbständige Pfarrei mehr ist, sondern einem Seelsorgebereich angehört. Wallfahrer pilgern allenfalls auf den benachbarten Gügel oder direkt in die zwei Wirtschaften im Ort, jeweils mit eigener Brauerei. Aber es sind 92,5 Prozent der gut 600 Einwohner Mitglied der katholischen Kirche, beim Zensus 2011 war es sogar 97 Prozent.
Und, das nur am Rande, die Wahlergebnisse für die CSU sind dort auch deutlich besser als in Altötting. Kleine Info für die Strategieabteilung, falls mal wieder eine Kulisse für das christliche Bayern gesucht wird. Nur Dirndl tragen sie halt keine in Wattendorf.