Unter BayernDer letzte Abend in Freiheit: Vom Blödsinn des Junggesellenabschieds

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Beim Junggesellenabschieden soll es ja lustig zugehen,  dass das sehr oft vor allem auf sinnlose Gelage herausläuft, entspricht mehr der Realtitä.
Beim Junggesellenabschieden soll es ja lustig zugehen,  dass das sehr oft vor allem auf sinnlose Gelage herausläuft, entspricht mehr der Realtitä. (Foto: Daniel Schvarcz/Imago)

Wenn grölende Männergruppen und Pseudo-Bräute schwer alkoholisiert mit Bauchladen durch die Straßen ziehen, ist JGA. Die Beteiligten finden das ziemlich lustig, für Unbeteiligte ist das eher das nahende Ende der Zivilisation.

Von Max Ferstl

Es fehlt gerade sicher nicht an Themen, die den Zusammenhalt der Gesellschaft auf die Probe stellen. Die Rente, die Migration, die Wehrpflicht, und als wäre die Bevölkerung damit nicht genug strapaziert, tauchte diese Woche in der bundesweiten Berichterstattung ein weiteres Konfliktfeld auf, das die Polarisierung verschärfen könnte: der Junggesellenabschied, von Kennern auch JGA genannt.

„Junggesellenabschied, nahezu alle Gäste stark alkoholisiert, aggressive Person bereits bewusstlos“, meldete die Bergwacht Oberstdorf, nachdem sie am späten Samstagabend eine JGA-Gruppe auf der Enzianhütte im Allgäu retten musste. Ein Teilnehmer hatte laut Bergwacht eine Platzwunde am Kopf. Als er mit der Seilbahn ins Tal gebracht wurde, erbrach er sich stark. „In der Klinik gegen 4 Uhr wurde immer noch ein beeindruckend hoher Promillewert gemessen.“

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Wie man auf einen Junggesellenabschied blickt, hängt traditionell stark von der Perspektive ab. Wer zu den JGA-Teilnehmern gehört, freut sich in der Regel darauf, mit der Braut oder dem Bräutigam den „letzten Abend in Freiheit“ in ein unvergessliches Erlebnis zu verwandeln, bevor einen die Ehe unausweichlich zum ewigen Dasein im Spießertum verdammt.

Wer jedoch das Pech hat, als Unbeteiligter in den Wirkungskreis eines JGA zu geraten, der glaubt womöglich an das nahende Ende der Zivilisation. Dann gilt es, Frauen mit Bauchläden auszuweichen. Oder Abstand zu Männerhorden zu gewinnen, die grölend und marodierend durch die Straßen ziehen. Das „Stadtbild“, wie Markus Söder vermutlich sagen würde, profitiert davon eher nicht.

Nach der Bergrettung im Allgäu kann man zumindest die Frage stellen, ob die Politik dem Thema mit dem angemessenen Ernst begegnet. In den Polizeiberichten tauchen Junggesellenabschiede verdächtig häufig auf. Auf der Bamberger Sandkerwa musste die Wasserwacht im Vorjahr einen Bräutigam aus der Regnitz ziehen. Als die Retter ihn belehren wollten, sprang er noch mal in den Fluss. Nur das Eingreifen des Trauzeugen verhinderte eine Nacht in der Ausnüchterungszelle.

Ein anderes Mal alarmierte ein 80-Jähriger in Neubiberg die Polizei, weil er beobachtet hatte, wie vier Männer mit Sturmhauben einem fünften einen Sack über den Kopf stülpten und in einen Transporter hievten. Als Polizisten das Auto am Münchner Flughafen stoppten, stellte sich heraus, dass es sich nicht etwa um eine Entführung handelte, sondern um einen Junggesellenabschied. Zielort: Mallorca.

Ein guter Junggesellenabschied, so heißt es, liefert Geschichten, an die sich alle erinnern. Ein schlechter allerdings auch.

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