Es dürfte einmalig sein, dass zum ersten Todestag eines Politikers ein ganztägiges, hochkarätig besetztes Symposium mit zahlreichen prominenten Ehrengästen stattfindet. Vor allem wenn es dieser in seiner Laufbahn - formalistisch betrachtet - nicht über ein Mandat im Bundestag hinaus gebracht hat und in seiner Partei stets höchst umstritten war. Bei Josef Göppel ist all das der Fall. Zum Gedenken an den CSU-Politiker, der am 13. April 2022 gestorben ist, findet am Freitag in Schloss Nymphenburg in München das "Umweltpolitische Josef-Göppel-Symposium" statt. Schirmherr ist der frühere Landtagspräsident und CSU-Politiker Alois Glück. In den Foren des Symposiums geht es um Göppels Herzensthemen: die Energiewende, einen nachhaltigen Naturschutz auf dem Land und eine ökologisch und sozial gerechte Entwicklungspolitik für die Länder des globalen Südens.
Josef Göppel war ein einzigartiger Politiker. Er war ein grüner CSUler. Und zwar ein echter, nicht einer, der sich so gibt. Deshalb hatte der Förster aus dem mittelfränkischen Herrieden (Landkreis Ansbach) schnell einen Ruf weit über den Politikbetrieb hinaus. Göppels Grundsatz lautete: leben und wirtschaften im Einklang mit der Natur. Er lehnte die Atomkraft ab und war für ein Tempolimit auf den Autobahnen. Er war gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft und unterstützte die Volksbegehren gegen den Flächenfraß und für den Erhalt der Artenvielfalt. Und er hatte keine Scheu, seine Überzeugungen öffentlich kund zu tun. In Reden ebenso wie in Interviews, die er auch dieser Zeitung gegeben hat. Vor allem aber in den Abstimmungen im Bundestag. 27 Mal hat er im Berliner Parlament gegen Gesetzesvorhaben der Union gestimmt, weil sie seinen Überzeugungen zuwiderliefen. Seit Göppels Tod hat die CSU in der Umweltpolitik eine Leerstelle.
Das brachte Göppel in seiner CSU viel Ärger und wenig Freunde ein. Wiederholt soll sogar sein Ausschluss aus der Partei betrieben worden sein. Auch Göppel selbst ist oft gefragt worden, warum er in der CSU bleibt. Seine Antwort: wegen des C im Namen der Partei. Göppel war bekennender Katholik. Es war der christliche Schöpfungsgedanke, der ihn 1970 in die CSU eintreten ließ. Und es war eben dieser Schöpfungsgedanke, aus dem er Zeit seines Lebens die Kraft für sein Engagement holte - als Stadtrat seines Heimatortes Herrieden ebenso wie später als Landtagsabgeordneter, aber auch in den 15 Jahren, die er dem Bundestag in Berlin angehörte.
Göppel war auch Gründer des ersten Landschaftspflegevereins in Bayern, in dem er Landwirte und Naturschützer an einen Tisch brachte. Und er war Gründungsvorsitzender des Deutschen Verbands für Landschaftspflege, des bundesweiten Netzwerks der Vereine, die sich alsbald nach dem mittelfränkischen Vorbild etabliert haben.
Auf dem Symposium zollen nun Politiker jeder Couleur, aber auch Experten und hochrangige Naturschützer Göppel ihre Ehrerbietung. Gleich eingangs sprechen der bayerische Innenminister Joachim Hermann (CSU) und der Ehrenvorsitzende des Bundes Naturschutz, Hubert Weiger, der Göppel seit den Siebzigerjahren eng verbunden war. Die Wirtschaftswissenschaftlerin und Chefin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Claudia Kempfert, hält eine Keynote. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), der frühere Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), jetzt für die Vereinten Nationen tätig, und Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) schicken Videobotschaften. Was wohl Josef Göppel zu dem Symposium sagen würde?