Der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt hat am Freitag in einem offenen Brief an den Landtag das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Straßenblockierer in München in der vergangenen Woche kritisiert. Das Vorgehen etwa gegen den 90-jährigen Pater Joe Übelmesser zerstöre Vertrauen in die Verhältnismäßigkeit und Fairness staatlichen Handelns. "Ängstliche Gemüter haben ab sofort Angst vor Überreaktionen der Polizei und zögern entsprechend, ihr Grundrecht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit in Anspruch zu nehmen", befürchtet Alt.
Übelmesser und andere seien festgehalten worden, obwohl sie sich an die Anweisungen der Polizei gehalten hätten, so Alt. Außerdem seien während einer Aktionswoche in München 13 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Aktivistengruppe "Scientist Rebellion" für mehrere Tage in Gewahrsam genommen worden, "denen das Überleben der Menschheit am Herzen liegt".
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Schon jetzt würden auf der Welt Hunderttausende wegen der Klimakatastrophe sterben, heißt es in dem Brief. "Nicht diejenigen sollten bestraft werden, die darauf aufmerksam machten." Vielmehr sollten diese Proteste dazu führen, dass umgehend über Wetterextreme, Hunger oder Flucht gesprochen werde und Maßnahmen ergriffen würden.
Auch im Landtag müsse öffentlich über die Motivationen, Hintergründe und Inhalte des Protests diskutiert werden, so Alt, der daher um eine "Aktuelle Stunde" bittet. Er wirft den politisch Verantwortlichen vor, jahrelange Versäumnisse zu verschweigen. Die hätten dazu beigetragen, dass die Protestformen wie Straßenblockaden wegen "schrumpfender Zeitfenster" zunehmend alternativlos seien. Eine Politik, die dies einräumen würde, sende ein Signal der Versöhnung in die Gesellschaft, erklärt der Priester.
Alt kritisiert, dass die sozial-ökologische Transformation in Bayern in keinem relevanten Bereich vorankomme und im Bundesländerindex Mobilität und Umwelt 2020/21 der Freistaat auf dem letzten Platz liege. Bayern sollte sich für ein Tempolimit einsetzen, das auch der ADAC und eine breite Mehrheit in der Bevölkerung forderten, und sich für einen bezahlbaren öffentlichen Personennahverkehr stark machen.