Jennerbahn:Wie das Birkhuhn für eine Kostenexplosion sorgte

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Die Bergstation auf dem Jenner ist noch nicht ganz fertig. Der Streit über die Öffnungszeiten des Restaurants ist dagegen beigelegt. (Foto: Matthias Köpf)
  • Die umstrittene Bahn auf den 1874 Meter hohen Jenner ist in Betrieb gegangen.
  • Die neue Bergstation ist schon in den Pfingstferien geöffnet, obwohl das Landratsamt in Bad Reichenhall den letzten Stempel auf die letzte Genehmigung noch gar nicht gesetzt hat.
  • 46 Millionen Euro haben die Gemeinde und die privaten Hauptaktionäre in die Erneuerung der Bahn gesteckt. Weitere 10,5 Millionen kamen vom Freistaat.

Von Matthias Köpf, Schönau am Königssee

Das Paar mit dem fränkischen Zungenschlag und der genauen Kenntnis der umliegenden Hütten und Gipfel hat den letzten ruhigeren Tag genutzt. Die beiden sind zu Fuß heraufgestiegen auf den 1874 Meter hohen Jenner, und so viel Platz und Muße für ein ungestörtes Gipfelfoto wie sie wird hier oben über dem Königssee so bald kaum mehr jemand haben. Denn seit dem Pfingstwochenende fährt die neue Jennerbahn nicht mehr nur zur Mittelstation wie in den vergangenen zehn Monaten, sondern ganz hinauf auf 1800 Meter. Auch die neue Bergstation ist in Betrieb gegangen, obwohl das Landratsamt in Bad Reichenhall den letzten Stempel auf die letzte Genehmigung noch gar nicht gesetzt hat.

Aber darauf wollten die Betreiber nicht warten, zu wichtig ist ihnen der Umsatz in den Pfingstferien. "Das Geschäft brauchen wir", sagt der Schönauer Bürgermeister Hannes Rasp. 46 Millionen Euro haben die Gemeinde und die privaten Hauptaktionäre, drei Unternehmer aus dem nahen Österreich, in die Erneuerung der Bahn gesteckt. Weitere 10,5 Millionen kamen vom Freistaat. Am Ende ist das gesamte Projekt, zu dem auch neue Lifte für das kleine, anspruchsvolle Skigebiet gehören, um zehn Millionen Euro teuer geworden als geplant.

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Denn die Seilbahner hatten ihre Rechnung ohne das Birkhuhn gemacht. Der Bund Naturschutz machte sich für die streng geschützten Tiere stark und klagte. Vor einigen Wochen sei man sich aber auch im letzten Punkt einig geworden, betont Bürgermeister Rasp, nämlich in der Frage, an wie vielen Tagen das Restaurant in der Bergstation abends öffnen darf. Den Passus "im bisherigen Umfang" hatte ein Gericht als zu vage verworfen - zumal die Naturschützer darunter verstanden, dass höchstens genauso oft geöffnet sein sollte wie bisher.

Die Betreiber hätten sich aber lieber an der bisherigen Genehmigung orientiert - und die hatte gar keine Einschränkung vorgesehen. Auf wie viele Abendöffnungen sie sich nun geeinigt haben, darüber haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart. Die Sache liegt seit April als nachgereichte Änderung zum Bauantrag beim Landratsamt und ist noch nicht abgeschlossen, weshalb der Sprecher der Grünen im Kreistag die Inbetriebnahme einen "Skandal" genannt und alle Kollegen aus der Lokalpolitik aufgefordert hat, den ersten Fahrten fernzubleiben.

CSU-Lokalpolitiker Hannes Rasp hält dagegen, dass sich die fehlende Genehmigung allein auf die Abendöffnungen beziehe. "Es ist kein Schwarzbau", betont er auf der neuen Bergstation, die größer ist als die alte, aber durch die optische Trennung in zwei Baukörper nicht allzu wuchtig wirkt. Noch fehlen die Verkleidungen an einigen Fassaden und die Gestaltung des Umfelds, denn die Balz der Birkhühner liegt zwar für heuer in den letzten Zügen, erlaubte in den vergangenen Tagen aber nur Arbeiten im Schwenkbereich des Baukrans.

Naturschützer setzen sich in vielen Punkten durch

Zu solcher Rücksichtnahme hatte die Bahnbetreiber erst der BN gezwungen, dem sie nun die teure Verzögerung um mehrere Monate samt einer Wintersaison anlasten, während wiederum der BN um seine Kreisvorsitzende Rita Poser das Projekt als von Anfang an falsch geplant ansieht. Der BN hat auch durchgesetzt, dass der Nationalpark Berchtesgaden, der unmittelbar neben der Bergstation beginnt, vor dem Restaurant einen kleinen Ausstellungsbereich bekommen hat. Vor allem aber darf sich der BN zugutehalten, dass es bei den bisherigen Trassen für die Seilbahn geblieben ist und keine neuen Schneisen geschlagen wurden. Denn Rasp und seine Investoren hätte sich auch eine versetzte Mittelstation vorstellen können, samt Spiegelbild des gegenüber liegenden Watzmanns im Speicherteich für die Schneekanonen und großem Spektakelspielplatz.

Stattdessen müssen nun die Berge Spektakel genug sein für die 1600 Gäste, welche die neue Bahn in ihren Zehnergondeln pro Stunde auf den Berg bringen kann - mehr als dreimal so viele wie die alte Bahn in ihren Zweierkabinen. Gastronomisch verheißt die Jennerbahn "alpine Lifestyle" in modern gestalteten Restaurants, von der Bergstation aus soll der Nationalpark noch einen barrierefreien Bergweg bis zum grandiosen Ausblick auf den Königssee anlegen. Peter Nagel von der Tourismusgesellschaft des Landkreises nennt die neue Seilbahn "ein Vorzeigeprojekt mit Strahlkraft", und auch Franz Moderegger als frisch bestellter Vorstand spricht von der großen Bedeutung seiner Seilbahn für die ganze Region. Denn was die Erschließung betrifft, ist der Jenner der Nutzberg des ganzen Berchtesgadener Talkessels. So sieht es auch Bürgermeister Rasp: "Wir brauchen nur eine Bahn, aber die muss dann halt was Gescheites sein." Die offizielle Eröffnung mit Politprominenz kündigt Rasp für den 5. Juli an. Bis dahin solle dann auch die letzte Genehmigung vorliegen.

© SZ vom 12.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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