Zahlen zur Pandemie: Neuerliche Widersprüche in bayerischer Corona-Statistik

Sitzung des bayerischen Landtags

Im Plenum des bayerischen Landtags ist am Mittwoch über den Haushalt 2022 und schärfere Abgeordnetenregeln beraten worden. Über die Corona-Zahlen wurde teils heftig gestritten.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Das Gesundheitsministerium korrigiert nach Ungereimtheiten über die Booster-Quote in bayerischen Alten- und Pflegeheimen seine Aussage. Im Landtag wird über den Umgang mit den Zahlen heftig gestritten.

Von Andreas Glas

Nach Recherchen von WDR, NDR und SZ zur Impfquote in Alten- und Pflegeheimen hat das Gesundheitsministerium am Mittwoch erklärt, keine "genaue Quote" nennen zu können. Ein Grund sei, dass es keine Meldepflicht für Heime und Praxen gebe. Noch am Montag hatte das Ministerium mitgeteilt, dass bis 3. Dezember 63 827 Heimbewohner im Freistaat geboostert wurden und von Auffrischungsimpfungen in "einer vergleichbaren Zahl" durch Ärztinnen und Ärzte auszugehen sei. Insgesamt käme Bayern damit auf gut 127 000 Booster-Impfungen, was ziemlich genau der Zahl entspricht, die nach Angaben des Ministeriums in Heimen leben - und damit einer Quote von 100 Prozent.

Das aber passt nicht zu den Zahlen aus manchen Landkreisen, etwa Altötting, wo laut Landratsamt die Impfquote in Heimen am 1. Dezember bei rund 55 Prozent lag. In der Stellungnahme vom Mittwoch spricht das Gesundheitsministerium nur noch davon, dass zu den gemeldeten 63 827 Booster-Impfungen "weitere Auffrischungsimpfungen durch niedergelassene Ärzte oder Heimärzte hinzu" kommen, ohne eine Größe zu nennen.

Es ist das zweite Mal binnen weniger Tage, dass die Staatsregierung sich mit Fragen zu ihrer Corona-Statistik konfrontiert sieht. Am Wochenende hatte die FDP-Landtagsfraktion kritisiert, dass das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) alle Infizierten, deren Impfstatus unbekannt ist, als nicht geimpft rechnet - was die Inzidenzen beider Gruppen in unbekanntem Maß verzerrt.

Im Landtag wird die Debatte schnell polemisch

Nachdem die FDP das Thema am Dienstagabend auf die Tagesordnung gesetzt hatte, entspann sich im Landtag eine teils polemische Debatte, in der Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) die Kritik der FDP, die von einem "Skandal" spricht, seinerseits einen "Skandal" nannte. Die Mitglieder der CSU-Fraktion warfen der FDP vor, was die FDP zuvor der CSU vorgeworfen hatte: die Menschen zu verunsichern und AfD, Corona-Leugnern und Impfskeptikern in die Hände zu spielen.

Die Grünen wiederum machten Vorwürfe in beide Richtungen. Das LGL spiele mit der "Ungenauigkeit" ihrer Zahlen den Verschwörungsgläubigen genauso in die Hände wie die FDP durch eine Skandalisierung dieser Statistik, sagte Andreas Krahl. Fabian Mehring (FW) bezichtigte die FDP "politischer Geschäftemacherei", SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sprach dagegen von "fragwürdigen Zahlen", Andreas Winhart (AfD) von Betrug.

CSU-Generalsekretär Markus Blume räumte eine "statistische Unschärfe" ein. Für politische Entscheidungen spiele es aber keine Rolle, ob die Inzidenz bei Ungeimpften "um das Acht-, Zehn- oder Vierzehnfache" höher sei.

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