Nach Messerattacke im ICE:Verdächtiger in Psychiatrie eingewiesen

Lesezeit: 2 min

Der 27-jährige Mann, der in einem ICE von Regensburg nach Nürnberg vier Menschen mit einem Messer verletzt hatte, handelte womöglich im Wahn. Einen Terrorakt schließen die Ermittler derzeit aus. Was bislang bekannt ist.

Von Deniz Aykanat

Der Mann, der am Samstagvormittag mehrere Menschen in einem ICE auf dem Weg von Regensburg nach Nürnberg mit einem Messer schwer verletzt hat, war zur Tatzeit möglicherweise nicht schuldfähig. Es werde noch ermittelt, derzeit gebe es aber "keine Anhaltspunkte für einen islamistischen oder terroristischen Hintergrund", sagte Sabine Nagel, Kriminaldirektorin der Kriminalpolizei Oberpfalz am Sonntag. Mehrere Verwandte des Täters seien vernommen worden, es gab Durchsuchungen in Bayern, Thüringen und Nordrhein-Westfalen. Im Moment deute nichts darauf hin, dass es Mittäter, Mitwisser oder Helfer gebe.

Kriminaldirektorin Sabine Nagel und Polizeivizepräsident Thomas Schöniger stellten am Sonntag die Ermittlungsergebnisse vor. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Vielmehr gibt es laut Ermittlern Hinweise auf eine psychische Störung des 27-jährigen Syrers, die bei der Tat eine Rolle gespielt haben könnte. Die Polizisten, die im Zug im Einsatz waren, hätten "psychische Auffälligkeiten beim Tatverdächtigen" bemerkt, sagte Gerhard Neuhof von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Zudem soll er Zeugen zufolge kurz vor der Tat "Ich bin krank, ich brauche Hilfe!" gerufen haben. Der Mann wurde auf Anweisung der Staatsanwaltschaft noch am Samstag von einem psychiatrischen Gutachter untersucht, demzufolge er möglicherweise an einer paranoiden Schizophrenie mit wahnhaften Vorstellungen leidet. Laut Neuhof gab er an, sich von der Polizei verfolgt zu fühlen, diese wolle ihn verrückt machen. So soll er auch geglaubt haben, sein erstes Opfer, ein 26-jähriger Fahrgast, habe ihn töten wollen. Die anderen Taten habe er nach eigenen Angaben wie im Traum begangen. Die Taten habe er nicht bestritten.

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Er stach wahllos auf Fahrgäste ein

Ihm werden versuchter Mord, versuchter Totschlag sowie gefährliche und vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen. Da der 27-Jährige zur Tatzeit aber möglicherweise nicht schuldfähig war, beantragte die Staatsanwaltschaft eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Er wird nun im Bezirksklinikum Regensburg behandelt.

Kurz vor neun Uhr war am Samstagvormittag ein erster Notruf aus dem ICE 928 von Passau nach Hamburg bei der Polizei eingegangen: Ein Mann greife Mitfahrende mit einem Messer an. Zu diesem Zeitpunkt war der Zug gerade auf der Strecke zwischen Regensburg und Seubersdorf mit 208 Passagieren an Bord unterwegs, wie der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Oberpfalz, Thomas Schöniger, berichtete. In Wagen 5 und 4 griff er offenbar wahllos Menschen an, zunächst einen 26-Jährigen, den er mit Messerstichen an Kopf und Oberkörper schwer verletzte, anschließend ging er auf zwei 60-Jährige los. Dann wechselte er den Wagen. Dort stach er auf einen 39-Jährigen ein. Die beiden jüngeren Männer liegen noch im Krankenhaus.

In Seubersdorf hielt der ICE an, Polizisten mit vorgehaltenen Waffen stürmten den Zug und konnten den Angreifer laut Schöniger ohne weitere Kampfhandlungen festnehmen. Bei ihm fanden sie die mutmaßliche Tatwaffe, ein blutverschmiertes Klappmesser mit einer acht Zentimeter langen Klinge.

Der Syrer lebte und arbeitete in Passau

Die Tat löste Erinnerungen an den Axt-Angriff in einer Regionalbahn bei Würzburg aus, bei dem im Juli 2016 ein 17-jähriger Geflüchteter fünf Menschen schwer verletzte; der Täter wurde damals von der Polizei erschossen. Der Angriff wird als islamistisch motivierte Terrortat gewertet, da entsprechende Beweise gefunden wurden.

Für eine Radikalisierung oder Planung gibt es beim Fall in Seubersdorf bislang aber keine Hinweise. Über den Täter ist bekannt, dass er syrischer Staatsangehöriger ist und 2014 nach Deutschland eingereist war. Er ist anerkannter Flüchtling, lebte und arbeitete in Passau. Einen Tag vor der Tat hatte er laut Kripo seine Arbeit verloren. Polizeilich in Erscheinung getreten sei er laut Nagel nur "wegen eines kleinen Betrugsdelikts".

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