Hubert Aiwanger:Die Manieren des Ministers

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Im Internet führt sich Hubert Aiwanger schon mal flegelhaft auf - seinem Amt ist das nicht angemessen.

Kolumne von Katja Auer

Kürzlich saß Markus Söder bei einer Podiumsdiskussion in einer, man kann es nicht anders sagen, Affenhitze, und beneidete den jugendlichen Mitdiskutanten um seine kurze Hose. Aber ein Ministerpräsident beim offiziellen Auftritt in kurzen Hosen, das geht halt nicht, das verlangt die Würde des Amtes. Deswegen sieht man den Papst nicht die Füße auf den Tisch legen und die Queen nicht beim Nasenbohren. Und falls Märchenkönig Ludwig bei seinen einsamen Gelagen im Schloss alle Tischmanieren hat fahren lassen, so hat es wenigstens niemand mitbekommen.

Zwar ziert ein gutes Benehmen jedermann, ab einer gewissen Stellung allerdings möchte man es zwingend voraussetzen. Kommt einfach nicht so gut an, wenn ausgerechnet der Klassensprecher beim Abschreiben erwischt wird oder sich gerade der stellvertretende Ministerpräsident aufführt wie ein Lackl.

Dennoch, Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister und eben Söders Stellvertreter, lässt sich von der Würde seines Amtes keine Bürde auferlegen. In kurzen Hosen immerhin ist er noch bei keiner Kabinettssitzung angetreten, in den sozialen Medien allerdings ist er gelegentlich scheinbar gänzlich ohne Hosen unterwegs. Er beantwortet nahezu jeden Beitrag selbst, das kann man volksnah nennen oder auch überempfindlich. Einer der ranghöchsten Politiker im Land müsste Kritik nicht nur gewohnt sein, sondern gelegentlich einfach drüberstehen, möchte man meinen. Tut er nicht. Von Souveränität ist bei Aiwanger wenig zu spüren. Wenn er sich angegriffen fühlt, wird er grob. Das trifft gern Journalisten oder Grüne, kann aber jeden erwischen. Wie den Herrn kürzlich: "Wenn ich mir das Bild ansehe, ist da mehr als die Maus verrutscht", konterte Aiwanger auf dessen Kritik und wurde gleich persönlich, indem er auf dessen Profilbild anspielte.

Vor ein paar Jahren machte Aiwanger noch Blondinenwitze in den sozialen Medien und teilte allerhand schlechte Scherze. Die Reaktionen reichten von Fassungslosigkeit bis Belustigung, weder das eine noch das andere konnte Aiwanger nachvollziehen und schaltete entnervt seinen Twitter-Account ab. Längst ist er wieder drin, inzwischen allerdings halt auch im hohen Amt. Und dieses hätte wirklich ein bisschen mehr Würde verdient.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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