Glücklicherweise endet nicht jede Hochzeit so tragisch wie jene von Karl Valentin in seinem frühen Stummfilm von 1913. Da wird der Bräutigam von seinem gewaltigen Weib nach allerhand Missgeschicken buchstäblich erdrückt und muss mit dem Schubkarren fortgeschafft werden. Das schlimme Ende zeichnet sich spätestens ab, als die Leberknödel über den Fußboden rollen. Wie soll eine Hochzeit ohne ein gutes Essen auch gut enden?
Als die Marie in Ludwig Thomas Lausbubengeschichten den Professor Bindinger heiratet, ist dem Hochzeitsmahl im Gasthaus zum Lamm eine ausführliche Beschreibung gewidmet. Es gibt eine „gute Suppe“, also eine mit was drin, mit Leberknödeln oder Grießnockerln oder Eierstich. Hernach einen großen Fisch und ein Brathuhn „und Kuchen und Gefrorenes“. So stellte man sich damals eine ordentliche bayerische Hochzeit vor.

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Und so hätten sich das auch die älteren Damen auf jener Hochzeit gewünscht, die den Kellner jedes Mal vorbeiwinkten, wenn er ihnen ein kleines Schälchen mit ein paar Spargelspitzen oder einer gedämpften Garnele reichen wollte. Sie warteten lieber auf das richtige Essen, einen gemischten Braten vielleicht oder ein Krenfleisch mit Klößen. Nicht, dass sie dann keinen Hunger mehr hätten nach alle den Vorspeisen. Indes, sie warteten vergebens. Den Tanten war entgangen, dass sich das Brautpaar für ein Flying Buffet entschieden hatte, jene unelegante Art zu speisen, bei der sich die Gäste wie die Hühner am Futterplatz um den Kellner scharen, sobald der mit einem Tablett aus Richtung der Küche kommt.
Die Frauen bemerkten ihren Irrtum, als nur noch Süßspeisen in Gläschen an ihnen vorbeigetragen wurden, also ganz offensichtlich der Nachtisch serviert wurde.
Wenigstens hatten sie zuvor etwas von der Hochzeitstorte erwischt. Das ist oft ein mehrstöckiges Ungetüm, um das sich wiederum allerhand Mythen ranken: Wer die Hand beim gemeinsamen Anschneiden oben hat, der wird auch in der Ehe das Sagen haben. Wenn die erste Etage direkt am Hochzeitstag gegessen wird, bringt das Unglück. Und wer die ungeröstete Kaffeebohne in seinem Stückchen findet, der wird ewiger Junggeselle bleiben.
Ganz schön viel Bedeutung für das bisschen Kuchen. Das erklärt vermutlich die Überraschung, die Kollege M. kürzlich erlebte. Der will demnächst seine Verlobte heiraten und fand in der Preisliste der Location einen besonderen Posten vor. Soll die Hochzeitstorte vom Personal geschnitten werden, macht das 70 Euro extra. Klingt teuer. Ist aber kein Wunder, wenn da so viel schiefgehen kann.