Klimawandel:Wie Bayern mit der Dauerhitze kämpft

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Die anhaltende Hitze hinterlässt in der Nähe von Zapfendorf - wie andernorts auch - unübersehbare Spuren wie dieses trockene Gerstenfeld, das in der Mittagssonne nach Regen zu lechzen scheint. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Die Temperaturen steigen schon wieder - für Meteorologen ein klares Zeichen des Klimawandels, Landwirte und Winzer leiden besonders. Nürnberg ergreift gegen die Trockenheit eigenwillige Maßnahmen.

Von Anna Günther und Simone Kamhuber, München

Zumindest die Schüler dürften sich freuen: Gerade haben die Sommerferien in Bayern begonnen und das Wetter lockt an die Badeseen. Dort lässt sich die Hitzewelle der kommenden Tage gut aushalten. Wer arbeiten muss, womöglich sogar draußen, seufzt wohl eher auf. Von der Wochenmitte an erwarten Meteorologen für Bayern wieder Temperaturen von 30 bis 35 Grad. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) spricht von einer "neuen markanten Hitzewelle". Die Tageshöchsttemperaturen sollen am Donnerstag und Freitag sehr deutlich über der 30-Grad-Marke liegen. Und - zur Freude der 1,6 Millionen Schüler - ein Ende des heißen Sommers ist nicht in Sicht.

Für den Meteorologen Jürgen Schmidt, Geschäftsführer von Wetterkontor, ist dieser Sommer ein klares Zeichen für den Klimawandel. Das zeigten unter anderem die Wetterdaten für das oberfränkische Bamberg und das oberbayerische Mühldorf am Inn. "Man sieht, dass fünf der vergangenen sieben Monate warm bis deutlich zu warm waren in Mühldorf. Und sehr trocken", sagt Schmidt. Nur der April sei zu kühl, der März Durchschnitt gewesen. Aber all das folgte auf einen "extrem warmen Winter". Und dieses Jahr sei keine Ausnahme: Schon in den vergangenen Jahren seien zu viele Monate zu trocken gewesen. "Niederschlag fehlt einfach und es gab zu viele deutlich zu warme Monate. Das deutet sehr auf den Klimawandel hin", sagt der Meteorologe.

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Bis Anfang August verzeichnen die Mühldorfer Wetterdaten 46 Sommertage mit Temperaturen von mehr als 25 Grad und neun sogenannte heiße Tage mit mehr als 30 Grad. Bamberg kommt auf 50 Sommertage und 16 heiße Tage. Das seien mehr als in den vergangenen beiden Jahren, aber noch nicht ganz so viele wie in den Rekordjahren 2018 und 2019.

Aber gab es nicht immer schon sehr heiße Sommer? Von diesem Argument aus der Skeptiker-Ecke lässt Schmidt sich nicht aus der Ruhe bringen: "Sommer waren früher auch heiß, klar, aber ständige Rekorde, diese extremen Temperaturen weit über 35 und nahe der 40 Grad, dieses Ausmaß und die Dauer von Hitzewellen, das deutet auf den Klimawandel hin." Gleiches gilt für die steigende Zahl der milden Winter, die für Bayerns Skigebiete noch zu einem Problem werden dürfte.

Trauben verdorren

Die anhaltende Trockenheit stellt jetzt schon Landwirte, Weinbauern und Schiffskapitäne vor Herausforderungen. Von Bamberg bis Aschaffenburg sollten die Weinstöcke entlang des Mains sattgrün sprießen. Stattdessen sind die jungen Stöcke dürres Geäst, tragen teils schon gelbe und welke Blätter. Die Trauben verdorren, weil der Stock sie für das eigene Überleben abstößt. Winzer müssen sie herausschneiden, um die Stöcke zu entlasten. "Die Weinberge sind von der Trockenheit der letzten Monate schon vorbelastet, wir mussten mit künstlicher Bewässerung nachhelfen", sagt Artur Steinmann, Präsident des fränkischen Weinbauverbands. Während es um die jungen Stöcke durch die anhaltende Hitze schlecht bestellt ist, gehen die älteren zum Teil in die sogenannte Notreife über, wobei die letzten Reserven für die verfrühte Reife der Trauben mobilisiert werden. Auf Zahlen will Steinmann sich nicht festlegen lassen, aber ein gutes Jahr werde es nicht mehr. Selbst wenn von jetzt an genug Regen fiele, könnte es höchstens noch zu einer "durchschnittlichen Ernte" kommen.

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Auch die bayerischen Landwirte haben sich von Spitzenerträgen längst verabschiedet. Der Weizen sei während der Blütezeit im Hitzestress gewesen. Das Ergebnis: "Schrumpfkörner und damit geringere Ernteerträge und Qualitätseinbußen", sagt Anton Huber, Referent für Getreide und Ölsaaten beim Bauernverband. Ganz besonders betroffen sei Nordbayern. Im Süden bleiben Wolken an den Alpen hängen, es regnet etwas häufiger als im Norden. Aber die Weizenernte liege für ganz Bayern zehn bis 15 Prozent unter dem Jahresdurchschnitt. "Auch der Mais hat zum Teil schon jetzt massive Trockenschäden", sagt Huber. Das trifft vor allem die Bauern, die auf Futtermittel angewiesen sind.

Trockenheit und Niedrigwasser waren auch für die Schifffahrt in Bayern ein Problem, besonders zwischen Vilshofen und Straubing, wo die Donau frei fließt. Mit dem Wasserstand sinkt die Ladekapazität der Schiffe, die teils nur noch mit einem Viertel Fracht unterwegs sind. Die Binnenschifffahrt sei bereit, mehr "gefordert zu sein, aber dafür müssten Bundeswasserstraßen auch politisch mehr gefördert werden", sagt Andreas Löffert, Geschäftsführer des Hafens Straubing.

Der Staat soll helfen

Winzer, Landwirte und Schifffahrt sehen die Politik angesichts des Klimawandels klar in der Pflicht. Löffert fordert von der Bundesregierung, dass Stauhaltungen neu diskutiert werden, um Niedrigwasser auszugleichen. Die Schifffahrt müsse staatlich subventioniert werden bei Mehrkosten durch niedrige Pegelstände. Winzer Steinmann fordert Speicherbecken für die Weinreben, um Bewässerung auch in Trockenperioden sicherzustellen, in denen Winzer kein Wasser mehr aus dem Main entnehmen dürfen. Der Bauernverband erwartet Soforthilfen und strukturelle Veränderungen. Landwirte dürften mit den Risiken durch Dürre- und Hitzeschäden nicht auf sich gestellt sein. Ein entsprechendes Positionspapier veröffentlichte der Verband am Dienstag.

"Für die Herausforderungen durch Trockenheit und Hitze braucht es gerade in Nordbayern dringend eine Strategie und praxistaugliche Maßnahmen zur Sicherung der Landbewirtschaftung", heißt es in dem Papier. Der Verband fordert darin mehr Forschung zu trockenheitsresilienten Pflanzen, Innovation von Kulturen und Anbauverfahren, umweltverträgliche Bewässerungssysteme und ein nachhaltigeres Wassermanagement. Außerdem sollen Landwirte die Online-Futterbörse nutzen und sich gegenseitig Flächen zum Zwischenfruchtanbau zur Verfügung zu stellen. So könnten Ertragsausfälle gemildert werden.

Eine Ernteprognose wagt Bauernfunktionär Huber nicht. Diese "ist so unsicher, wie der Wetterbericht es eben auch ist." Einige Flächen könnten die Schäden mit ausreichend Niederschlag noch ausgleichen. Aber fünfzehn Liter Regen zwischendurch reichten nicht aus, "wenn dann gleich wieder die nächste Hitze kommt."

Um die städtischen Bäume vor dem Vertrocknen zu bewahren, geht Nürnberg einen besonderen Weg: Anfang Juli wurden städtische Hallenbäder geschlossen, um Energie zu sparen. Statt das Wasser wegzuschütten, pumpten der städtische Eigenbetrieb Nürnberg Bad und der Servicebetrieb Öffentlicher Raum Nürnberg Wasser aus den Becken in Tankwagen und bewässern damit jetzt 9500 Bäume. Drei von vier Hallenbädern in Nürnberg sind seit Anfang Juli vorübergehend geschlossen. Das Chlor in dem Poolwasser habe sich so weit abgebaut, dass es den Bäumen nicht schade, hieß es in einer Mitteilung. Die Aktion läuft bis Mitte August, ob auch das Wasser aus anderen Bädern verwendet werden kann, werde aktuell geprüft.

Nachhaltiger wäre es sicher, wenn diese Prüfung positiv ausfällt. Denn die Meteorologen gehen nicht davon aus, dass die Temperaturen so schnell fallen. Schmidt glaubt wie seine Kollegen vom DWD, dass der Sommer heiß bleibt, sich noch einige Wochen hinzieht und wohl auch August und September zu warm und trocken sein werden. Ein Ableger des Azorenhochs dürfte sich vom Atlantik herüberschieben und weiter zu trockenem Sommerwetter führen.

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