Hightech in BayernVisionen für Bayerns Zukunft

Lesezeit: 4 Min.

Für Drohnen und andere Hightech-Produkte hatte Markus Söder schon immer eine Schwäche. Hier ist er 2018 beim Testen eines Fluggeräts zu sehen, das die Grenzpolizei damals neu im Programm hatte.
Für Drohnen und andere Hightech-Produkte hatte Markus Söder schon immer eine Schwäche. Hier ist er 2018 beim Testen eines Fluggeräts zu sehen, das die Grenzpolizei damals neu im Programm hatte. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Drohnenzentrum, KI-Fabrik, Fusionsreaktor: Ministerpräsident Söder hat ein „Update“ für seine Hightech-Agenda angekündigt. Klingt wuchtig, doch vieles ist bereits bekannt. Neuigkeiten gibt es in den Bereichen Medizin und künstliche Intelligenz.

Von Andreas Glas und Anna Günther

Die Hightech-Agenda ist das Prestigeprojekt von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Insgesamt rund 5,5 Milliarden Euro investiert der Freistaat seit 2019 in Forschung und Zukunftstechnologien – und in Söders Image als Visionär. Er sehe sich da „in der langen Linie von Strauß und auch Stoiber“, sagte Söder am Dienstag bei der Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz.

Was zu Edmund Stoibers Zeiten „Laptop und Lederhose“ hieß, heißt bei Alliterations-Liebhaber Söder „Hightech und Heimat“. Wer in der Forschung „stehen bleibt, der stirbt ökonomisch“ sagte er in Banz und kündigte ein „Update“ für seine Hightech-Agenda an. Was Söder sprachgewaltig präsentierte, war dann überwiegend eine Bilanz dessen, was bereits auf den Weg gebracht wurde. Die ein oder andere Neuigkeit gibt es in den Bereichen Medizin und künstliche Intelligenz. Ein Überblick.

Medizin

Bayern will endlich eine dritte Exzellenzuniversität haben, das ist auch eine Frage des Prestiges im Wettbewerb der Länder untereinander. Bisher tragen allein die Münchner Universitäten diesen begehrten Titel. Nun erwähnte Söder in Banz fast nebenbei, was der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) auf dem Weg zum heiß ersehnten Titel helfen könnte: Die Uni soll gemeinsam mit dem Universitätsklinikum ein Max-Planck-Zentrum für Immunologie bekommen.

Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) hatte schon 2023 erklärt, „mindestens“ noch eine weitere Exzellenzuni in Bayern haben zu wollen, am liebsten in Nordbayern. Aber Ende Mai bekam die Universität in Würzburg gleich zwei der begehrten, millionenschwer geförderten Exzellenz-Cluster, damit rückte der Titel „Exzellenzuniversität“ in greifbare Nähe. Entschieden wird zwar erst 2026, aber vom geplanten Max-Planck-Zentrum verspricht Blume sich nun „echten Rückenwind für den Exzellenzantrag“.

Besonders stark gelten die Würzburger Wissenschaftler auf dem Gebiet der Biomedizin, ein Exzellenz-Cluster befasst sich mit Nukleinsäuren, die auch in der Corona-Pandemie in mRNA-Impfstoffen eine große Rolle spielten. Daran soll offenbar auch ein geplantes Zentrum für Vakzinforschung anknüpfen, an dem sich laut Söder alle bayerischen Universitätskliniken beteiligen sollen. „Wir wollen Bayern und Deutschland wieder zur Apotheke der Welt machen“, sagte Blume dazu. Neben der Impfstoffforschung soll die Herstellung in Bayern angesiedelt werden. Söder spekulierte in Banz darauf, dass Hersteller aus den USA abwandern könnten, weil ihnen dort im Zuge des Anti-Impf-Kurses der Regierung die Mittel gestrichen wurden.

Künstliche Intelligenz

Große Investitionen kündigte Söder auch für Medizin und künstliche Intelligenz an, konkret sollen Spitzenforscher mit deutlich höheren Summen gelockt werden als bisher üblich. „Wir werden mehr bezahlen als wir je Professoren zahlen konnten“, sagte Söder in Banz. Auf der anderen Seite des Atlantiks soll es „wachsendes Interesse“ an bayerischen Universitäten geben. Die Staatsregierung will nun laut Blume versuchen, mit dem Ausloben von fünf weiteren KI-Spitzenprofessuren, die „Top-Elite“ im Bereich KI und Medizin nach Bayern zu holen. Wie viel mehr Budget diese bekommen, ist nicht bekannt.

KI-Konsortium
:Kommt das deutsche Stargate bald von SAP, Siemens und der Telekom?

Die EU will bis zu fünf Gigafactories für künstliche Intelligenz bauen. Für eine deutsche Bewerbung haben sich einige große Unternehmen zusammengeschlossen. Doch es gibt Konkurrenz.

SZ PlusVon Max Muth

Je mehr KI im Einsatz ist, desto mehr Rechenleistung wird benötigt. Auch da will man nachlegen: Schon Ende Juni gaben Söder und Blume bekannt, dass die Staatsregierung im Raum Schweinfurt eine europäische Gigafactory für künstliche Intelligenz errichten will und bei der EU-Kommission offiziell ihr Interesse bekundet hat. Konkreter wurde es seither aber nicht.

Ende dieses Jahres kann offiziell der Antrag gestellt und die Bewerbung für den Standort Schweinfurt eingereicht werden. Wissenschaftsminister Blume rechnet mit einer Entscheidung im kommenden Jahr. Das Ziel der europäischen Initiative ist der Aufbau von bis zu fünf KI-Gigafabriken, mit denen Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen Zugang zu höchster Rechenleistung für komplexeste KI-Modelle erhalten können.

Der Standort Schweinfurt scheint aufgrund seiner Nähe zum weltweit größten kommerziellen Internetknotenpunkt in Frankfurt und zur Südlink-Stromtrasse für Rechenzentren aber so gut geeignet zu sein, dass Söder in Banz kurzerhand erklärte – und das war tatsächlich neu –, sogar ohne EU-Zusage „den Raum Schweinfurt zu einem starken KI-Standort machen“ zu wollen.

SZ Bayern auf Whatsapp
:Nachrichten aus der Bayern-Redaktion – jetzt auf Whatsapp abonnieren

Von Aschaffenburg bis Berchtesgaden: Das Bayern-Team der SZ ist im gesamten Freistaat für Sie unterwegs. Hier entlang, wenn Sie Geschichten, News und Hintergründe direkt aufs Handy bekommen möchten.

Defense Lab Erding

Söder kündigte zudem an, dass das sogenannte „Defense Lab“ in Erding ausgebaut wird. Im Kern handelt es sich hierbei jedoch um ein Vorhaben des Bundes – entsprechende Pläne in Kooperation mit dem Freistaat und der Stadt Erding hatte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bereits im Frühjahr vorgestellt. Der Schwerpunkt des Innovationszentrums soll darin liegen, verschiedene militärische und zivile Akteure zusammenzubringen, um neue Verteidigungs- und Sicherheitstechnologien zu erforschen und einsatzbereit zu machen.

Darüber hinaus möchte Söder ein „eigenes Drohnenzentrum“ in Erding auf den Weg bringen, zusammen mit Polizei und Unternehmen. Wie dieses Konzept ganz konkret aussieht, blieb zunächst rätselhaft, zumal die Bundeswehr in Erding schon ein Innovationslabor für Drohnen betreibt. Einige der dort entwickelten Drohnen sind bereits in der Ukraine im Einsatz. Ein weiteres Konzept für ein Reallabor für Verteidigungs- und Sicherheitstechnologien stammt von der Technischen Hochschule Deggendorf und der Technischen Universität München, die sich offenbar auf autonome Systeme, Weltrauminfrastruktur und KI fokussieren.

Kernfusion

Nicht neu ist, was Söder zum Thema Kernfusion sagte. Die Absicht, dass in Bayern ein Fusionsreaktor entstehen soll, hat er schon oft geäußert. „Sehr wahrscheinlich“ werde ein solcher Reaktor in Garching entstehen, sagte der Ministerpräsident in Kloster Banz, spruchreif ist das noch nicht. Bei der Kernfusion werden Atomkerne – anders als in Reaktoren herkömmlicher Meiler – bei extremen Temperaturen verschmolzen statt gespalten. Theoretisch lassen sich damit riesige Energiemengen erzeugen. Bislang gibt es weder einen Zeitplan, noch die Garantie, dass das Vorhaben kommerziell nutzbar gelingt. In Regierungskreisen heißt es, dass sich das Bundeskabinett in der kommenden Woche mit dem Thema Kernfusion beschäftigen wird.

Ebenfalls nicht neu ist, dass sich Bayern bei der sogenannten Transmutation einbringen möchte – die Umwandlung von radioaktivem Atommüll in weniger langlebige Stoffe. Bereits im Februar hatte Wissenschaftsminister Blume angekündigt, dass daran an einem neuen Lehrstuhl für Angewandte Kerntechnologien an der Technischen Universität München gearbeitet werden soll. Söder will damit „die Endlagerfrage deutlich entschärfen“. Die Frage, ob Transmutation wirklich ein Ausweg sein könnte, ist umstritten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Hochschulen in Bayern
:Schüsseln so groß wie Badewannen: die Arbeit in der Erlanger Großmensa

Eine der größten Mensen Bayerns steht in Erlangen. Täglich gehen dort 2500 Essen über die Ausgabentheke. Ein Blick in ziemlich große Kochtöpfe.

SZ PlusVon Anna Günther und Stephan Rumpf (Fotos)

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: