Grenzpolizei in Bayern:Richter haben den Symbolpolitiker Söder entlarvt

Verfassungsgericht verhandelt über Bayerns Grenzpolizei

Die damalige Staatsregierung hatte im Frühjahr 2018 die bayerische Grenzpolizei installiert. Sie gilt als Prestigeobjekt von Ministerpräsident Markus Söder, der in seiner Regierungserklärung im April 2018 sagte, die Beamten dort "wappnen uns vor illegaler Einwanderung".

(Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Die bayerische Grenzpolizei war von Anfang an nur eine Hilfstruppe der Bundespolizei. Doch Ministerpräsident Markus Söder hat das anders verkauft. Nun wurde die Hülle höchstrichterlich entfernt.

Kommentar von Andreas Glas

Erst das Testchaos, jetzt die höchstrichterliche Klatsche für die bayerische Grenzpolizei. Innerhalb von nur zwei Wochen ist Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit zwei seiner prestigeträchtigsten Projekte gestrauchelt. Man kann nun argumentieren, dass der eine Fall nicht besonders viel mit dem anderen Fall zu tun hat. Doch beide Fälle legen den Blick auf das gleiche Phänomen frei: den Krater zwischen der Großspurigkeit, mit der Söder seine Politik immer wieder ankündigt - und den Peinlichkeiten, die am Ende davon übrig bleiben können.

Bei den Corona-Tests für Reiserückkehrer kann man Söder noch zugute halten, dass die Idee nicht ausgereift war, aber an sich richtig. Die bayerische Grenzpolizei dagegen war von Anfang an eine Luftnummer. Damals, vor der Landtagswahl 2018, wollte die CSU die AfD "überstinken", wie Generalsekretär Markus Blume inzwischen sogar selbst einräumt.

Die CSU wollte die Wähler halten, die sie an die AfD zu verlieren drohte. Wenn die Bundeskanzlerin uns nicht vor den vielen Flüchtlingen schützt, dann macht Bayern das eben selbst. Das war Söders kernige Botschaft, das war die protzige Verpackung, in die er die Grenzpolizei einwickelte. Dass diese Grenzpolizei von Beginn an nur eine Hilfstruppe der Bundespolizei war, hat Söder dagegen gern verschwiegen. Hauptsache, die Verpackung stimmte.

Davon hat der Bayerische Verfassunggerichtshof die Grenzpolizei nun endlich befreit. Die Richter haben den Symbolpolitiker Söder entlarvt, der anfangs noch darüber sinniert hatte, dass "das Vertrauen in den Rechtsstaat" mit jedem Migranten steigen könnte, den die Grenzpolizei zurückschickt. Tatsächlich war die Zahl der illegalen Migranten, die Bayerns Grenzpolizisten aufgegriffen haben, eher mickrig. Und jetzt, nach dem Urteil der Verfassungsrichter, stehen Ministerpräsident Söder und die CSU selbst als diejenigen dar, die es mit dem Rechtsstaat nicht so genau genommen haben. Von der protzig verpackten Grenzpolizei ist nur noch der Verpackungsmüll übrig.

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