Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht eine Notwendigkeit von Grenzkontrollen durch die Bilanz während der Fußball-EM bestätigt. Die bayerische Grenzpolizei habe in den kontrollintensiven Wochen des Turniers, konkret vom 7. Juni bis zum 10. Juli, insgesamt 90 Haftbefehle vollstreckt, 35 weitere Fahndungstreffer gehabt, elf Schleuser vorläufig festgenommen und 200 unerlaubte Einreisen festgestellt. Dies sagte Herrmann am Montag bei einem Termin in Fürth. Dabei handele es sich aber nur um die „ganz bescheidenen Ergebnisse“ der bayerischen Grenzpolizei, denn laut Bundesinnenministerium sind im EM-Zeitraum bei Kontrollen an sämtlichen Landesgrenzen der Republik 1112 Haftbefehle vollstreckt worden. Die Bilanz, so Herrmann, zeige, „wie wichtig Grenzkontrollen für die innere Sicherheit sind“. Die eigene bayerische Grenzpolizei war 2018 gegründet worden, sie unterstützt die Bundespolizei allerdings nur.
Bundesweit wird derzeit über die Lehren aus den verschärften EM-Kontrollen debattiert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will sie an der französischen Grenze für die Zeit der Olympischen Spiele in Paris fortsetzen. Die generelle Maßnahme läuft indes aus. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte dies am Sonntag im ZDF-Sommerinterview einen „schweren Fehler“. Tatsächlich enden stationäre Kontrollen in Bayern nicht. Zur Bekämpfung der irregulären Migration und gegen Schlepper wird schon seit Jahren temporär kontrolliert. Die Maßnahme an der deutsch-österreichischen Grenze ist bei der EU-Kommission bis zum 11. November angemeldet. Dabei handelt es sich rechtlich um eine Ausnahme vom freien Schengen-Raum, die immer wieder verlängert wird. Er gehe davon aus, dass dies am Jahresende erneut der Fall sein wird, sagte Herrmann. „Wir werden auf jeden Fall, was Bayern betrifft, zusammen mit der Bundespolizei die Grenzkontrollen im Land an der österreichischen und der tschechischen Grenze intensiv weiterführen.“ Dies sei ein Beitrag zur Sicherheit wie zur Reduzierung illegaler Migration.
Die Grünen sehen das anders. Schon vergangenes Jahr schrieb Fraktionschefin Katharina Schulze in einem Brief an die Bundesinnenministerin, dass die „Kettenverlängerungen“ der Kontrollen von keiner Rechtsgrundlage gedeckt seien. Das sieht auch der Grünen-Abgeordnete Toni Schuberl so, der aus dem niederbayerisch-österreichischen Grenzgebiet kommt. Er verweist auf die Klage eines Völkerrechtlers aus Graz am Verwaltungsgericht München vom Januar. Das Gericht wies die Klage zwar ab, nahm in einem „obiter dictum“, einer weiterführenden Erörterung, aber zum Grundsatz Stellung – und habe die fehlende Rechtmäßigkeit der Kontrollen bestätigt.
„Man muss verlangen dürfen, dass rechtmäßig gehandelt wird“, sagt Schuberl. Sollten zum Jahresende die Kontrollen verlängert werden, sei sogar eine Klage gegen die Bundesregierung denkbar; und damit gegen die eigene Ampel. Statt der stationären Kontrollen müsse, so Schuberl, die Schleierfahndung gestärkt werden. Bei der Migrationspolitik nutze die CSU die Grenzkontrollen als „Law-and-Order-Symbol“; indes ohne Folgen, konkrete Zurückweisungen fänden kaum statt.