Süddeutsche Zeitung

Bayern:Richtig rechnen? Für Finanzminister Nebensache

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Wer kennt Albert Füracker? Eben! Franz Josef Strauß und Markus Söder haben ihr Amt anders interpretiert. Jetzt bekommt Christian Lindner seine Chance.

Glosse von Franz Kotteder

Finanzminister muss ein wunderbarer Job sein. Das wird einem erst jetzt so langsam klar, nachdem den in Berlin jeder haben wollte. Früher dachte man, das sei der langweiligste Posten im Kabinett, da müsse man seriös dreinschauen, gut im Rechnen sein und eine Ausstrahlung haben wie die berühmte schwäbische Hausfrau. Wolfgang Schäuble hat diesen Eindruck geradezu kultiviert.

Dabei ist das natürlich grundfalsch. Olaf Scholz verlor seine einschläfernde Wirkung erst, als er aus der klassischen Rolle ausscherte und Worte benutzte wie "Wumms" oder "Bazooka". Plötzlich war er kanzlerfähig. Oder würde sich irgendwer noch an den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis erinnern, hätte der nicht seinerzeit seinen ausgestreckten Mittelfinger in die Kamera gehalten?

Auch der unzweifelhaft berühmte Bayer Franz Josef Strauß ist zeitweise einmal Finanzminister gewesen. Er wurde aber keineswegs durch seine Fertigkeiten in kameralistischer Buchführung bekannt, und auch der Milliardenkredit kam erst viel später.

Markus Söder marschierte als Finanzminister vor allem breitbeinig in Spendierhosen durch die Landschaft, ließ beim Starkbieranstich im Hofbräuhaus den Kabarettisten Django Asül abstinken, was sarkastische Spitzen gegen den amtierenden Ministerpräsidenten anging, und ging auch sonst keiner Schmutzelei aus dem Weg. Darin zeigt sich große Führungskunst.

Söders Nachfolger Albert Füracker hat bisher in keiner dieser Disziplinen etwas geleistet. Und? Kennt den Mann irgendjemand? Eben.

Da ist Christian Lindner schon von anderem Format. Bereits in jungen Jahren fuhr er ein Software-Startup namens Moomax an die Wand und beklagt sich seither gerne, in Deutschland gebe es keine ordentliche Kultur des Scheiterns. Die gibt es aber doch, Lindner lebt ja geradezu von zweiten, dritten, vierten Chancen.

Man erinnere sich nur, wie er es kurz vor Corona erst im Nachsetzen schaffte, dem thüringischen Ein-Tages-Ministerpräsidenten und FDP-Kollegen Thomas Kemmerich dann doch nicht zur Wahl mit braunen Stimmen zu gratulieren. Weiß heute kaum noch einer.

Jeder hingegen kennt seine erste verpasste Chance von 2017, selbst Minister zu werden. Er sprach da den legendären Satz: "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren." Auch da hat er jetzt ja wieder eine zweite Chance.

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