Bayerische Ess-TraditionWarum ein Rankerl Geselchtes für gute Laune sorgen kann

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Bei Liebhabern deftiger Genüsse steht Geselchtes hoch im Kurs.
Bei Liebhabern deftiger Genüsse steht Geselchtes hoch im Kurs. (Foto: PBA/imago/allOver)

Früher hat man noch schnell eine Sau geschlachtet, wenn man den Weltuntergang fürchtete - und ein gutes Geselch­tes für die letzten Tage auf Erden bereitet. Bis heute gilt es jenen mit robustem Magen als Delikatesse, die Herstellung verlangt Können und Geduld.

Von Hans Kratzer

Für robuste Feinschmecker bedeutet ein Geselchtes eine Versuchung ohnegleichen. Das zeigte sich zuletzt bei einem Geselchten-Vergleichsessen des Krieger- und Reservistenvereins Buchbach (Landkreis Mühldorf), bei dem das schmackhafteste und schönste Geselchte gekürt wurde. Ein Geselchtes herzustellen, erfordert Hingabe, Können und Geduld. 20 Hersteller stellten sich in der vollen Wirtsstube dem Urteil der Jury, die sich vor lauter Fleischeslust fast den Magen verrenkte. Zuletzt durften sich auch die Gäste am Geschmack der handgefertigten Rankerl laben, und am Ende war alles bis aufs letzte Bröckerl weggefuttert.

In den „weltlichen Gesängen des Egidius Pfanzelter von Polykarpszell“ rühmte der Autor Georg Queri schon anno 1909 die Vorzüge eines Hochzeitsessens, bei dem ein Pfund Geselchtes von einer jungen Sau aufgetischt wird. „Da hört sich die Weltgschicht auf“, schrieb Queri, „wenn man so ein gutes Bröckl hat, und ich könnts sauber an einem Freitag auch fressen und tät mich nicht Sünden fürchten.“

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Queri klingt hier fast so derb wie bisweilen der US-Präsident Trump, der von Statur und Genickfeistigkeit so wirkt, als verzehre auch er gerne mal ein Rankerl Geselchtes. Dessen Frau Melania wiederum sieht nicht so aus, als könnte sie ein Fetzerl Geselchtes hinunterschlingen. Auch wenn sie neulich bei der Amtseinführung ihres lieben Gatten mit ihrem breitkrempigen Hut und ihrem eisigen Gschau rein äußerlich stark an den jungen Clint Eastwood erinnerte, der in seinen Wildwestfilmen einem Stück Speck selten abgeneigt war.

Harte Männer wie er hätten ein mit Salz, Knoblauch und allerlei Gewürzen eingesurtes und dann geräuchertes Schweinernes niemals liegen gelassen. Noch dazu, als man es als hungriger Outlaw in der Prärie auch kalt heruntersäbeln kann. Gekocht, mit Sauerkraut und Knödeln, schmeckt es freilich noch besser, auch wenn es danach in den Gedärmen ganz virtuos kracht und rumort.

Lässt man die vom Geselchten geförderten Darmwinde ungeniert fahren, läuft man Gefahr, als Luftgeselchter tituliert zu werden. Luftgeselchte sind unkultiviert und zeichnen sich durch Derbheit aus. In den sozialen Medien schwillt ihre Zahl ebenso stark an wie die Schar der Leichtgläubigen. Zu Letzteren zählte auch jene Bäuerin aus Deggendorf, über die der Altöttinger Liebfrauenbote im April 1895 berichtete, ihr sei erfolgreich weis­ge­macht wor­den, am Kar­frei­tag stehe der Welt­un­ter­gang bevor. Daraufhin, so ist dem Text zu entnehmen, habe sie noch schnell ihre Sau geschlachtet, um ihre letz­ten Tage mit einem Geselch­ten zu genießen.

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