Gesundheitswesen:"Wir brauchen mehr Ärzte in der Patientenversorgung"

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Gerald Quitterer, Hausarzt im niederbayerischen Eggenfelden, ist seit mehr als einem Jahr der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer. Der 63-Jährige gilt als stiller, aber entschlossener Repräsentant der Ärzte. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Gerald Quitterer will Chef der Bundesärztekammer werden. Er ist überzeugt davon, dass er so am meisten für Patienten und Kollegen erreichen kann.

Interview von Dietrich Mittler, München

Kommende Woche entscheidet sich, wer künftig an der Spitze der Bundesärztekammer steht. Gerald Quitterer, Hausarzt und Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, stellt sich zur Wahl. Dass er kämpfen kann, zeigte er bereits 2010, als er Bayerns Hausärzte zum Ausstieg aus dem Kassenarztsystem aufrief.

SZ: Nun wollen Sie also auch noch Chef der Bundesärztekammer werden? Geht Ihnen hier in Bayern die Arbeit aus?

Gerald Quitterer: Nein, mir geht hier nicht die Arbeit aus. Aber es gibt Vorhaben, die ich auch bundesweit umgesetzt sehen will.

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Welche zum Beispiel?

Wir brauchen mehr Ärzte in der Patientenversorgung - allein schon bedingt durch die demografische Entwicklung. Die Nachwuchsgewinnung spielt also eine ganz entscheidende Rolle.

Würden Sie bitte diesen Satz komplettieren? Wenn ich Chef der Bundesärztekammer werde, dann ...

... dann setze ich mich mit all meiner Kraft für die Belange der Ärzteschaft ein, und dazu zählt auch unsere eigene Gesundheit.

Ihre eigene Gesundheit?

Ärztinnen und Ärzte können ihre Patienten nur dann auf höchstem Niveau versorgen, wenn es ihnen selbst gesundheitlich gut geht.

Heißt das, die Arbeit als Arzt gefährdet die eigene Gesundheit?

Die kann krank machen, wenn die Arbeitszeitverdichtung immer mehr zunimmt. Momentan gehen die Klinikärzte auf die Straße, um für wenigstens zwei freie Wochenenden zu kämpfen. Allein dieses eine Beispiel zeigt doch schon, welchen Belastungen viele Ärzte in ihrem Berufsalltag ausgesetzt sind.

Was sagen eigentlich Ihre Patienten in Eggenfelden dazu, dass ihr Doktor jetzt ein weiteres Präsidentenamt anstrebt?

Von denen bekomme ich große Rückendeckung. Einige sagen: "Nicht jeder hat einen Präsidenten als Hausarzt."

Jetzt mal ehrlich, kommt Ihre Hausarztpraxis in Eggenfelden nicht zu kurz?

Vielleicht sollten wir es hier mit Harry -Potter-Romanen halten. Hermine Granger hat da einen Zeitverdoppler. Aber im Ernst: Ich denke, man bringt viele Dinge unter, wenn man das nur will. Und wenn ich mich für die Ärzteschaft einsetze, profitieren die Patienten davon ebenfalls. Auch meine.

Warum sollte die Bundesärztekammer-Wahl Bayerns Patienten interessieren? Geht es da nicht es um reine Standespolitik?

Standespolitik würde ich das nicht nennen. Es geht hier um eine fachlich hochwertige medizinische Versorgung. Es geht auch um den Schutz der Patientendaten.

Was ist denn los mit diesen Daten?

Die sollten im geschützten Raum des Arzt-Patienten-Verhältnisses bleiben.

Ihr Amtsvorgänger Max Kaplan war zugleich Vizepräsident der Bundesärztekammer? Woher kommt dieser Drang, nach Berlin zu gehen?

Als Präsident der Bayerischen Landesärztekammer habe ich ja nun mitbekommen, dass ich etwas bewegen kann. Das möchte ich künftig auch auf Bundesebene tun.

Im Freistaat regen sich Patienten darüber auf, dass Berlin die Impflicht bei Masern einführen will. Kehrt ins Gesundheitssystem der Zwang ein?

Dieser Eindruck könnte aufkommen, wenn man sich die Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn anschaut. Ich selbst sehe eine Pflichtimpfung gegen Masern kritisch.

Wieso denn das?

Pflicht provoziert immer Ablehnung. Bei Masern haben wir eine Erstimpfungsquote von 97 Prozent. Mir zeigt das, dass wir es hier nicht mit Impfgegnern zu tun haben, sondern mit Jugendlichen und Erwachsenen, die die Zweitimpfung vergessen. Statt auf Druck setze ich vielmehr darauf, dass man die Leute vernünftig aufklärt. Gleiches gilt übrigens auch bezüglich der Organspende.

Bayerns Ärzte gelten als kämpferisch. Aber gilt nicht auch im Gesundheitswesen der Spruch "Ober sticht Unte r"?

Es ist für mich elementar, dass die Politik ihren Respekt vor der ärztlichen Selbstverwaltung bewahrt. Und das heißt ganz konkret: Ich - und auch meine Kollegen - wollen uns nicht von der Politik in unserer Berufsausübung gängeln lassen.

© SZ vom 23.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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