Justiz:Justizvollzugsbeamte beklagen steigende Zahl an Übergriffen

Justiz: In Bayerns Justizvollzugsanstalten fanden nach Angaben des Innenministeriums im vergangenen Jahr 54 Tätlichkeiten von Häftlingen gegen Bedienstete statt - so viele wie seit 2016 nicht mehr.

In Bayerns Justizvollzugsanstalten fanden nach Angaben des Innenministeriums im vergangenen Jahr 54 Tätlichkeiten von Häftlingen gegen Bedienstete statt - so viele wie seit 2016 nicht mehr.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Mehr psychisch auffällige Insassen und eklatanter Personalmangel werden als Gründe für Angriffe auf Gefängniswärter genannt.

Der Landesverband der Bayerischen Justizvollzugsbediensteten beklagt eine steigende Zahl von Übergriffen auf Gefängniswärter. "Wir stellen in den letzten Jahren vermehrt Tätlichkeiten gegen unsere Bediensteten fest", sagte der Verbandsvorsitzende Ralf Simon der Deutschen Presse-Agentur. "Das liegt auch an den immer schwieriger werdenden Gefangenen. Es fallen vermehrt psychische Auffälligkeiten sowie Suchterkrankungen auf."

Nach dem Übergriff von vier Gefangenen auf einen Justizvollzugsbeamten in der JVA Straubing ermittelt aktuell die Staatsanwaltschaft Regensburg wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Gefangenenmeuterei. "Die Ermittlungen dauern derzeit an", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der angegriffene Gefängnismitarbeiter sei nicht schwer verletzt worden. Weitere Angaben wollte die Staatsanwaltschaft mit dem Hinweis auf ein laufendes Ermittlungsverfahren nicht machen.

Das bayerische Justizministerium zählte im vergangenen Jahr in den Gefängnissen im Freistaat 54 Tätlichkeiten von Häftlingen gegen Bedienstete - so viele wie seit 2016 nicht mehr. Damals war die Zahl mit 65 Fällen ungewöhnlich hoch. 2013 wurden den Angaben zufolge beispielsweise nur 23 Fälle registriert. In diesen Tätlichkeiten erfasst sind nach Ministeriumsangaben vorsätzliche Körperverletzung, Geiselnahmen und Freiheitsberaubungen.

Sicherheitsvorkehrungen seien verstärkt worden

Simon schiebt die steigende Zahl auch auf coronabedingte Mängel in der Ausbildung der Justizvollzugsbeamten zurück: "Unsere Bediensteten werden schon in der Ausbildung, aber auch bei Fortbildungen für Konfliktsituationen geschult. Leider musste während der Corona-Pandemie auf Fortbildungen weitestgehend verzichtet werden." Der Hauptgrund ist für ihn aber ein nach Verbandsangaben eklatanter Personalmangel. "Unser größter Schwachpunkt ist die personelle Ausstattung", sagte Simon. "Wir kämpfen als Berufsverband seit Jahren für mehr Personal. Wir brauchen dies, um unsere immer weiter zunehmenden Aufgaben erfüllen zu können - aber auch, um durch Präsenz mehr Sicherheit für unsere Bediensteten zu erreichen."

Das Ministerium betont allerdings, die Sicherheitsvorkehrungen in bayerischen Gefängnissen seien in den vergangenen Jahren verstärkt worden - beispielsweise durch den Ausbau der Videoüberwachung und die Ausstattung mit sogenannten Personennotsignalanlagen. Außerdem werden die Beamten "in waffenloser Selbstverteidigung" geschult.

Simon betonte, dass die Zahl der Übergriffe, die das Ministerium zählt, nicht die gesamte Situation darstelle. "Aktuell werden nämlich nur tatsächliche vollendete Körperverletzungen statistisch erfasst. Dies spiegelt nicht die tatsächliche Gewalt in den Justizvollzugsanstalten wider", sagte er. "Es wäre dringend erforderlich, dass beispielsweise auch Androhung von Gewalt, Beleidigungen, Bedrohungen usw. erfasst werden."

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