Artenvielfalt:Der Gartenschläfer von nebenan

Artenvielfalt: Der Gartenschläfer ist gut an seinen schwarz umrandeten Augen zu erkennen.

Der Gartenschläfer ist gut an seinen schwarz umrandeten Augen zu erkennen.

(Foto: Sven Büchner/dpa)

Das "Tier des Jahres 2023" kommt aus Bayern: Im Bayerischen Wald und im Allgäu hat der Gartenschläfer eine letzte Heimat gefunden - und könnte, ganz nebenbei, wenigstens einmal für Einigkeit im Freistaat sorgen.

Glosse von Maximilian Gerl

Beim schönen Wort "Gartenschläfer" denken manche vielleicht an ihren Nachbarn: zum Beispiel, wie er sonntagnachmittags vom Liegestuhl aus die Anwohnerschaft laut schnarchend an seinem Schlummer teilhaben lässt. Tatsächlich aber bezeichnet der Begriff ein possierliches Tierchen aus der Familie der Bilche, zu der auch die Haselmäuse und Siebenschläfer zählen.

Und er bezeichnet zudem seit Neuestem ein Tierchen, das den meisten Nachbarn etwas voraus hat, sofern diese nicht Fans des FC Bayerns sind: nämlich einmal zum Deutschen Meister gekürt zu werden. Oder, im Fall des Gartenschläfers, zum "Tier des Jahres 2023". Herzlichen Glückwunsch!

Ähnlich wie beim Fußball geht die Gratulation auch nach Bayern. Nur wenige Regionen in Deutschland bieten der Gattung Eliomys quercinus - halb Schwanz, halb Fellknäuel mit Knopfaugen - noch eine Heimat, aber der Bayerische Wald und Teile des Allgäus gehören dazu. Ansonsten sieht es leider recht ungünstig aus für die nachtaktiven Wesen, die sich von den Siebenschläfern unter anderem durch eine Art Zorro-Augenmaske abheben.

Laut der Deutschen Wildtier Stiftung, die den Titel jährlich an ein anderes Tier vergibt, hat sich der Lebensraum der Gartenschläfer in den vergangenen drei Jahrzehnten um 50 Prozent verkleinert. Zum einen sei der Waldbestand geschrumpft, zum anderen gebe es in den existierenden Nadel-Monokulturen zu wenig Deckung und Nahrung, Letztere in Form von Käfern, Raupen oder Früchten.

Dafür, immerhin, bietet der Gartenschläfer gerade für Bayern vereinigendes Potenzial in Zeiten gesellschaftlicher Fliehkräfte. Mag sonst auf dies und das und gegen die anderen geschimpft werden, hinter einem so süß anzuschauenden Tier können sich alle gemeinschaftlich versammeln. So viel emotionale Bindung war den Titelträgern der Vorjahre nicht immer gegeben. Entweder kamen sie im Freistaat gar nicht vor, so etwa der Gewöhnliche Schweinswal (2022). Oder sie kamen vor, führen aber wie der Fischotter (2021) zu Frust bei Teichwirten. Und von einem Maulwurf (2020) möchte sich bei aller Sympathie niemand den schönen Rasen mit schwarzen Aushubhügeln verschandeln lassen. Eher nimmt man da noch mit dem lauten Gartenschläfer vom Nachbargrundstück vorlieb.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusMenschenaffen
:"Bier war genauso hilfreich wie ein Medikament"

Dem Nürnberger Gorilla Fritz wurde einst Alkohol verabreicht, um seinen Kummer zu stillen. Gelbwurst bekam er auch. Tiergartendirektor Dag Encke über den manchmal fragwürdigen Umgang mit Menschenaffen in Zoos.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: