G-7-Gipfel:Protest bei sommerheißen 28 Grad

G-7-Gipfel: Ungefähr 900 Menschen haben am Sonntag in Garmisch-Partenkirchen gegen den G-7-Gipfel protestiert.

Ungefähr 900 Menschen haben am Sonntag in Garmisch-Partenkirchen gegen den G-7-Gipfel protestiert.

(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Aktivisten aus Uganda, junge Kommunisten, Klimaschützer: "Stop G7 Elmau" ist ein buntes Bündnis. Zur Demonstration in Garmisch-Partenkirchen kommen allerdings weniger Menschen als erwartet.

Von Matthias Köpf und Patrick Wehner

Als auf der Bühne endlich die Aktivisten aus Uganda dran sind, um über die Auswirkungen der Klimakrise in ihrem Land zu berichten, da will sich die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" mit ihren roten Transparenten schon in Bewegung setzen und skandiert so laut ihr "Hoch die internationale Solidarität", dass die Gäste aus Afrika kaum mehr zu verstehen sind. Der Lautsprecherwagen der DKP ist sowieso lauter als alle Rufe vom Podium, und so dauert es ein bisschen, bis alle Missverständnisse ausgeräumt sind und die Kommunisten sich ein bisschen kleinlaut entschuldigen.

Das Bündnis ist bunt, das unter dem Namen "Stop G7 Elmau" zur Großdemonstration am Sonntag in Garmisch-Partenkirchen aufgerufen hat. Wie viele Menschen genau sich auf den Weg durch die Marktgemeinde machen bleibt unklar, wie in solchen Fällen üblich. Mehr als 1000 heißt es irgendwann aus dem Bündnis, die Polizei sagt erst 600 und dann 900. Vierstellig wird die Zahl wohl tatsächlich nur, wenn auch die Touristen und die Einheimischen mitzählen, die sich die Sache vom Straßenrand aus ansehen.

Wahrscheinlich sind genauso viele Polizisten da wie Demonstranten

Dafür sind wahrscheinlich ungefähr genauso viele Polizisten da wie Demonstranten, bei sommerheißen 28 Grad belegen sie Schattenplätze, so wie sie in den Tagen zuvor zum Ärger der Anwohner schon nahezu alle Parkplätze in der Marktgemeinde belegt haben. Die Helme bleiben unten, obwohl die Polizei eine gute Handvoll ebenfalls ganz in Schwarz gekleideter Aktivisten, die sich mit farblich passender Mund-Nase-Bedeckung offenbar sehr gründlich gegen das Coronavirus schützen wollen, als den im Vorfeld gefürchteten "schwarzen Block" ausgemacht hat. Verglichen mit ähnlichen Ereignissen anderswo gleiche das aber eher einem Schulausflug von Zehntklässlern, sagt einer der vielen Polizisten, die selbst eben auch schon anderswo im Einsatz waren.

Das "Stop-G-7"-Bündnis demonstriere hier nicht nur gegen den Gipfel, sagt Sprecherin Lisa Poettinger, sondern gegen die G7 insgesamt. "Meiner Meinung nach wäre es besser für die Welt, wenn die sich überhaupt nicht treffen würden", stattdessen sollten die Vereinten Nationen eine wichtigere Rolle spielen. Andere, die an diesem Tag in Garmisch ihre Forderungen vorbringen, sehen das anders. Matthias Katsch von der Initiative Eckiger Tisch zum Beispiel hat mit mehreren internationalen Initiativen gegen sexualisierte Gewalt an Kindern in der Fußgängerzone Position bezogen und sieht keinen Anlass, die G7 zu stoppen. "Ich glaube, wir brauchen mehr internationale Zusammenarbeit, nicht weniger", sagt er. Ein paar Meter weit lässt Oxfam die Großkopferten auftreten, die sich in Wirklichkeit zur gleichen Zeit im nahen Schloss Elmau treffen. Die Aktivisten haben sich Pappmaché-Köpfe der G 7 aufgesetzt und grillen eine ebenfalls papierene Erde am Spieß. Selber gehen die Oxfam-Leute mit ihrer Erde pfleglicher um und packen sie schnell wieder ein, ehe die Demo vorbeikommt.

Mittendrin skandieren Ukrainer "Waffen und Embargo"

Dort mittendrin steht Ilyess el Kortbi. Der 25-jährige hat Fridays for Future in der Ukraine gegründet. Jetzt steht er mit Dominika Lasota, 20, und Svitlana Romanko, 42, am Bahnhofsplatz. Die Klimaschützer wollen unter anderem dagegen demonstrieren, dass Deutschland immer noch viele Millionen Euro täglich an Russland überweist, während ihr Land seiner Gegenwart und Zukunft beraubt wird. Die jungen Klimaschützer sagen, sie repräsentieren jetzt die Antikriegsbewegung. Aus ihrer Sicht sei es eine Schande, dass so viele Länder den Krieg zwar verurteilen und auch Waffen liefern, aber gleichzeitig Gas und Öl von Putin bezögen.

Am Marienplatz am Ende der Fußgängerzone demonstrieren unterdessen einige hundert Landsleute in blau und gelb, fast ausschließlich Frauen und Kinder, manchen mit Tränen in den Augen. "Danke, danke, danke", skandieren sie ebenso wie "Waffen und Embargo". Als der Demonstrationszug hier vorbeikommt, legen sie die Hände auf die Herzen und singen die ukrainische Hymne - ein kurzer Gänsehautmoment auch für die Marschierenden. Doch als die Ukrainerinnen ihr Forderung nach schweren Waffen erneuern, müssen viele Linke doch dagegen halten. Denn Waffen verlängerten nur den Krieg und am Ende profitiere immer nur das Kapital und deutsche Banken. Weiter hinten im Demozug ist auch irgendwer gegen Distanzunterricht.

Überhaupt in Bewegung gesetzt hat sich die ganze Demonstration erst nach einigem Hin und Her wegen verschiedener Auflagen wie derjenigen, dass die Transparente nicht zu dicht beieinander getragen werden dürfen. Eine andere Auflage hatte zuvor das Verwaltungsgericht München kassiert. Denn auch Gipfelkritiker könnten ja durchaus auch mal müssen, aber eines musste das Bündnis laut einer am Samstag veröffentlichten Eilentscheidung des Gerichts jedenfalls nicht: am Garmisch-Partenkirchner Bahnhof als Anfangs- und Endpunkt des Demonstrationszugs acht mobile Toilettenkabinen aufstellen. Was das Hundeverbot auf der Demo betrifft, gab das Gericht hingegen dem Landratsamt recht.

Daran wird es nicht gelegen haben, dass die Beteiligung wie tags zuvor auch schon in München deutlich hinter den Erwartungen der Organisatoren zurückblieb. Für Lisa Poettinger vom Bündnis "Stop G7 Elmau" liegt das eher am Auftreten der Polizei, das man schon lange vorher als repressiv erlebt habe. Zudem verschanzten sich die G7 selbst oben im Schloss und hielten auf diese Weise ohnehin jede Kritik von sich fern. An diesem Montag wollen die Aktivisten zu einem Sternmarsch Richtung Elmau aufbrechen. Die Polizei hat zugesagt, 50 Teilnehmer in zivilen Bussen in Hör- und Sichtweite des Schlosses zu bringen.

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