Freyung:Oh wie schön ist Indigo

Freyung: 227 Jahre alt ist der Dachstuhl im Europahaus. Zurzeit beherbergt die neue Galerie eine Ausstellung über den aussterbenden Blaudruck.

227 Jahre alt ist der Dachstuhl im Europahaus. Zurzeit beherbergt die neue Galerie eine Ausstellung über den aussterbenden Blaudruck.

(Foto: Lang/Bezirk Niederbayern)

In der neu eröffneten Galerie im Europahaus zeigt eine Schau das selten gewordene Handwerk der Blaudruckerei und die Geschichte der Familie Fromholzer

Von Hans Kratzer, Freyung

Als das denkmalgeschützte, aber lange Zeit leer stehende Ortingerhaus in Freyung vor einigen Jahren behutsam renoviert wurde, um europäisch ausgerichteten Projekten eine Heimstatt zu bieten, reagierten manche durchaus skeptisch. Dass sich diese Zweifel längst zerstreut haben, zeigte sich vor wenigen Tagen, als unter dem mehr als 220 Jahre alten Dachstuhl, einem Meisterwerk der Zimmermannskunst, eine neue Galerie eröffnet wurde. Der Saal war brechend voll mit Gästen, die angetan waren von dem attraktiven Ambiente, in dem nun Ausstellungen präsentiert werden können. In den unteren Stockwerken des Europahauses ist schon vor längerer Zeit die Euregio Bayerischer Wald-Böhmerwald eingezogen. Das Gebäude hat sich quasi in ein Dienstleistungszentrum für alle Fragen in und um die Europäische Union verwandelt, ergänzt um eine einladende Galerie für die Kultur.

Die erste Ausstellung, die dort zu sehen ist, trägt den Titel "Das blaue Wunder", was naheliegt. Im Zentrum der Schau steht nämlich die selten gewordene Handwerkstradition der Blaudruckerei, wie sie die Familie Fromholzer aus Ruhmannsfelden betreibt. Nur noch zwölf Betriebe in Deutschland und 15 weitere in Europa pflegen diese Tradition, es werden immer weniger. Dabei wurde die Bedeutung des Blaudrucks vor einiger Zeit unterstrichen durch dessen Aufnahme in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.

Dem 93-jährigen Firmeninhaber Josef Fromholzer war es vorbehalten, das offizielle Band zur Eröffnung der Galerie in Freyung zu durchschneiden. Der Meister musste an diesem Abend viele Hände schütteln, manche Gäste waren extra wegen ihm angereist. Fromholzers Lebenswerk und die Geschichte seiner Familie werden in der Ausstellung zu Recht gewürdigt, denn die Textildruckerei produziert bereits seit 372 Jahren hochwertige bedruckte Leinenstoffe. Nach Josef Fromholzer, der die Firma in achter Generation betreibt, wird die Tradition zu Ende gehen. Seine Söhne gehen anderen Berufen nach.

Der Autor Friedemann Fegert hat die Geschichte des Färberhandwerks und der Familie Fromholzer in dem Buch "Oh wie schön ist Indigo" detailliert beschrieben (Edition Lichtland, Freyung). Einen kurzen Abriss gab er bei der Vernissage zum Besten - beginnend im Jahr 1648, in dem alles losging. Auch auf die besondere Verbindung der Fromholzers zur berühmten Textildruckerfamilie Wallach in München ging er ein. Die Erfinder des Dirndls wurden einst von den Nazis enteignet und ließen später die weltberühmten Wallach-Muster exklusiv bei den Fromholzers in Ruhmannsfelden herstellen.

Josef Fromholzer, der definitiv letzte Blaudrucker in seiner Familie, hat quasi sein ganzes Leben in den Dienst des Familienbetriebs gestellt, der vor dem nahenden Ende nun eine verdiente Würdigung im Europahaus erfährt. Konzipiert wurde die Ausstellung von Roland Pongratz, dem Leiter des Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseums Regen. Dort war "Das blaue Wunder" zuerst gezeigt worden.

Die Ausstellung leiste einen Beitrag dazu, diese Jahrhunderte alte Tradition zu bewahren, sagte Karl B. Murr, der Leiter des staatlichen Textil- und Industriemuseums Augsburg (tim). In einer so perfektionierten Konsumwelt wie heute werde das Handwerk oft belächelt, sagte Murr, der großes Interesse äußerte, die Ausstellung auch in seinem Haus zu präsentieren. "Der Textildruck spielte eine große Rolle in Augsburg. Der Blaudruck ist eine reiche Nische." Die Ausstellung im Europahaus in Freyung (Kolpingstr. 1) läuft bis zum 19. April (Montag, Donnerstag, Freitag, Sonntag 14-18 Uhr).

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