Es gibt wohl kaum eine Politikerrede über Bayern, in der nicht das Loblied auf die einmalig schönen Kulturlandschaften des Freistaats angestimmt wird. Die Wirklichkeit ist freilich eine andere. Wer sie besichtigen will, muss nur einmal mit dem Auto auf der A 92 von München nach Deggendorf fahren.
Spätestens ab Landshut reihen sich in immer kürzerer Abfolge links und rechts der Fahrbahnen graue Betonhallen aneinander, eine größer wie die andere, die meisten mit riesigen Rangierflächen für Lastwagen davor. Jedes Jahr kommen neue dazu, sie fressen sich gleichsam durchs Land. Auch die vormals kompakten Dörfer entlang der A 92 sind meist zu Siedlungsbrei verkommen, dessen eintönige Neubauquartiere und uniformen Gewerbegebiete immer weiter in die Landschaften wuchern. Und die A 92 ist fast überall in Bayern.
Deshalb kann man dem Grünen-Politiker Ludwig Hartmann nur beipflichten, wenn er die Flächensparpolitik der Staatsregierung als "krachend gescheitert" geißelt. CSU und Freie Wähler sind ihrem Versprechen in ihrem Koalitionsvertrag von 2018, den Flächenverbrauch im Freistaat zu halbieren, nicht nur keinen Deut näher gekommen. Sondern sie haben sich mit jedem Jahr ihrer Koalition weiter davon entfernt. Auch was die Ursachen der gigantischen Verschandelung anbelangt, hat Hartmann recht. Allein mit Aufklärung, Appellen und Best-Practice-Beispielen wird man dem Flächenfraß nicht beikommen. Es braucht verbindliche Vorgaben, sonst geht er immer weiter.
Es ist jetzt gute vier Jahre her, dass Hartmann das Volksbegehren "Betonflut eindämmen - damit Bayern Heimat bleibt" gestartet hat. Das Ziel war eine verbindliche Obergrenze für den Flächenverbrauch von fünf Hektar am Tag. Die Initiative hatte riesigen Zulauf. Binnen kurzer Zeit trugen sich fast 50 000 Wahlberechtigte in die Unterstützerlisten ein - doppelt so viele als nötig gewesen wären. Doch dann stoppte der Verfassungsgerichtshof die Initiative. Es ist an der Zeit, dass ein neues Volksbegehren gegen den Flächenfraß gestartet wird.