Süddeutsche Zeitung

Landespolitik:Staatsregierung verteilt mehr Geld an Kommunen

11,3 Milliarden werden 2023 an die Kommunen im Freistaat fließen - verglichen mit dem Vorjahr ein Plus von 7,2 Prozent. Trotzdem sehen Landkreise, Städte und Gemeinden schwierige Zeiten auf sich zukommen. Nicht nur wegen der immensen Energiepreise.

Von Johann Osel

Die Staatsregierung erhöht den Finanzausgleich für Bayerns Kommunen im nächsten Jahr auf 11,3 Milliarden Euro; das ist ein Plus von 7,2 Prozent verglichen mit diesem Jahr. Obwohl die Haushaltslage "weiter höchst angespannt" sei, werde mit diesem "Spitzenergebnis" beim kommunalen Finanzausgleich für 2023 der Vorjahreswert deutlich übertroffen, hieß es zu den Verhandlungen zwischen Regierung und Spitzenverbänden von Städten, Gemeinden, Landkreisen und Bezirken am Wochenende.

Man schaffe damit "notwendige Planungssicherheit und einen zusätzlichen Schub für wichtige Zukunftsinvestitionen", sagte Finanzminister Albert Füracker (CSU): "Der Freistaat Bayern bleibt ein sicherer Anker für die bayerischen Kommunen." Der Vorsitzende des Städtetags und Verhandlungsführer der Kommunalverbände, Straubings OB Markus Pannermayr (CSU), sprach von einem "tragfähigen Kompromiss", der "ein Beitrag zur Stabilisierung kommunaler Haushalte in Zeiten steigender Ausgabeverpflichtungen" sei. Außerdem sei es etwa gelungen, die Förderung für den Bau von Schulen und Kindertagesstätten auf hohem Niveau zu erhalten.

Trotzdem stünden, warnte Pannermayr, Landkreise, Städte und Gemeinden wegen der absehbaren Kostensteigerungen vor schwierigen Haushaltsberatungen. Die Kommunen hatten zuvor mehr Geld gefordert, aus Sorge vor Defiziten und explodierenden Kosten im Nahverkehr, bei Kliniken, Stadtwerken oder in der Migration. Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU), Bürgermeister von Abensberg in Niederbayern, fasste das Resultat daher so zusammen: "Ein Ergebnis, das den außergewöhnlichen Umständen geschuldet ist und nur deshalb unter Berücksichtigung der erforderlichen Solidarität vom Bayerischen Gemeindetag mitgetragen werden kann."

Kräftig erhöht die Staatsregierung die Mittel für den kommunalen Hochbau, die laut Fürackers Mitteilung um 350 Millionen Euro auf gut eine Milliarde Euro steigen. Hintergrund sind die explodierenden Baukosten, die es immer schwieriger machen, geplante Vorhaben umzusetzen. Den Löwenanteil im Finanzausgleich machen die sogenannten Schlüsselzuweisungen aus - für die Kommunen weitgehend "freie Deckungsmittel" -, die um 267 Millionen auf knapp 4,3 Milliarden Euro steigen.

Auf Vorjahresniveau verbleiben unter anderem die Gelder etwa für die Krankenhausfinanzierung (643 Millionen Euro). Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sicherte den Kommunen zu, dass die Staatsregierung sie bei den Kosten der Flüchtlingsunterbringung nicht allein lasse. "Wir wollen auf eine Begrenzung des Flüchtlingszugangs drängen, aber es ist wichtig, dass diejenigen, die zu uns kommen, auf jeden Fall vernünftig untergebracht und versorgt werden." Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) warnte im Zusammenhang mit einer möglichen Gasversorgungskrise in der Wirtschaft vor einem "riesigen Haushaltsrisiko auch für den Freistaat Bayern".

Für den bayerischen Staatshaushalt läuft im Finanzministerium derzeit die erste Konzeptionierung. Es wird wieder einen Ein-Jahres-Etat geben. Füracker hatte bereits kürzlich mit Blick auf die Planung 2023 auf die vielen Herausforderungen und eine "enorme finanzielle Kraftanstrengung" verwiesen. Schuld daran sei etwa auch "die Flickschusterei des Bundes" bei Entlastungspaketen. Sein Haus will noch die Herbststeuerschätzung demnächst abwarten und dann den Entwurf vorlegen. Im Haushalt für das laufende Jahr mit einem Volumen von 71,1 Milliarden Euro sind 5,8 Milliarden Euro Schulden angesetzt und darüber hinaus ein Griff in die Rücklage. Der Landtag hatte 2020 einen möglichen Kreditrahmen von bis zu 20 Milliarden Euro zur Bewältigung der Corona-Pandemie und deren Folgen aufgespannt, was nicht ganz ausgeschöpft worden war. Diese Kreditermächtigung nutzte Füracker 2022, das Geld ging unter anderem in die "Hightech Agenda Plus" für Forschung.

Die erste Steuerschätzung im Mai war zwar durchaus positiv ausgefallen, habe aber ein hohes Prognose-Risiko, wie es damals hieß: "Wir haben das Geld noch nicht auf dem Konto." Erwartet wird nun zeitnah die zweite Schätzung, nach der ein Haushaltsentwurf in Kabinett und Landtag seinen Gang nehmen soll, womöglich bis Anfang November. Der endgültige Beschluss des Etats dürfte sich damit wieder deutlich ins kommende Jahr ziehen. Die Grünen-Fraktion hatte den Zeitplan vor einigen Wochen moniert, der Haushalt komme erneut "viel zu spät", was Planungssicherheit verhinderte. CSU und FW "werfen mit Forderungen nach Berlin um sich und haben ihre Arbeit für den Freistaat Bayern komplett eingestellt", ätzte der grüne Fraktionschef Ludwig Hartmann. Füracker entgegnete, die Aufstellung laufe "absolut synchron" zum vergangenen Jahr, dies habe sich bewährt. Man handele "durchdacht und nicht hektisch" und könne so auch jüngste Entwicklungen effizient einbeziehen.

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