Finanzen in Bayern :Familiengeld und Pflegegeld werden massiv gekürzt

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Statt monatlicher Familiengeldzahlungen vom 13. bis zum 36. Lebensmonat eines Kindes soll es künftig nur noch eine einmalige Zahlung an Familien geben. (Foto: Irina Heß/Westend61/IMAGO)

Auch Bayern leidet unter wegbrechenden Steuereinnahmen. Nun zieht der Freistaat die Handbremse an. Bei bestimmten sozialen Leistungen wird umgeschichtet – nur noch die Hälfte der Zahlung landet künftig direkt im Geldbeutel der Betroffenen.

Von Johann Osel

Viele Familien und Pflegebedürftige in Bayern werden künftig weniger im Geldbeutel haben. Wegen der angespannten Finanzlage halbiert die Staatsregierung vom Jahr 2026 an die direkten Auszahlungen von Familien- und Landespflegegeld. Stattdessen soll dann die Hälfte der dafür geplanten Mittel für die Stärkung der Strukturen verwendet werden, also für Kitas oder Pflegeplätze. Das hat das Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei seiner Haushaltsklausur beschlossen.

Man müsse „eine neue Balance“ finden, sagte Söder nach Ende der Beratungen am Dienstag. Der Gesamtbetrag für die sozialen Leistungen bleibe damit bestehen, werde jedoch neu verteilt. „Wir handeln einfach nach Vernunft und nach Bedarf.“ Er verwies darauf, dass es die besagten Leistungen ausschließlich in Bayern gebe, sie wurden 2018 unter seine Ägide eingeführt.

Das bedeutet konkret: Statt monatlicher Familiengeldzahlungen – 250 Euro vom 13. bis zum 36. Lebensmonat – soll es künftig nur noch eine einmalige Zahlung von 3000 Euro an Familien geben, und zwar zum ersten Geburtstag eines Kindes. Söder sprach von einem „Geburtstags-Entree des Freistaats“. Das entspricht dann 50 Prozent der bisher verwendeten Summen. Die andere Hälfte der Familiengeld-Mittel solle für den Bau von Kitas, für die Betreuung, einen guten Personalschlüssel und derlei Investitionen fließen. Dies sei auch „ein Signal an die Kommunen“, sagte Söder. Für viele Familien sei die direkte Hilfe wichtig, aber „genauso die Aussicht auf einen Kita-Platz“. Bis zum Start der Änderung Anfang 2026 gilt eine Übergangsphase, Familien behalten also den jetzigen monatlichen Zuschuss. Das Krippengeld wiederum, das Eltern mit geringerem oder mittlerem Einkommen mit 100 Euro pro Monat bisher bezuschusst, könnte in dem einmaligen 3000-Euro-Bonus aufgehen. Das werde derzeit im Sozialministerium „geprüft“, hieß es.

Das Landespflegegeld – derzeit jährlich 1000 Euro Pauschalzahlung bei Pflegegrad zwei oder höher – soll ebenfalls auf nur noch 500 Euro sinken. Die andere Hälfte des bisher verwendeten Geldes werde dann auch in die Strukturen gesteckt, zum Beispiel in Tages- und Kurzeitpflegeplätze. Gerade hier zeigte sich der „wachsende Bedarf“, so Söder. Das Kabinett und die Regierungsfraktionen CSU und FW hätten sich für diese Neujustierung angesichts von Steuerausfällen und gestiegenen Kosten entschieden. Es gehe im Haushalt um „Weichenstellungen“, das Motto laute „Maß halten“.

Das von Söder eingeführte Landesfamiliengeld hat den Freistaat seit dem Start 2018 insgesamt schon 4,6 Milliarden Euro gekostet. Der Ministerpräsident feierte neulich mit Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) den Bescheid für das einmillionste Landeskind. Die Leistung wurde als Nachfolger des Betreuungsgelds eingeführt, jener vielfach als „Herdprämie“ geschmähten Unterstützung für Eltern, die ihr Kind nicht in die Kita gaben. Man verzichtete aber 2018 bewusst auf eine derartige Zielsetzung. Experten kritisieren immer wieder, dass es zu einer Ausschüttung quasi mit der Gießkanne komme – also auch an Familien, die nicht unbedingt darauf angewiesen sind. Auch die Klagen über die strukturellen Nöte im Kita-Bereich wurden zuletzt lauter. Söder räumte ein, man vollziehe mit der Reform „einen Diskussionsprozess, der sich seit längerer Zeit andeutet“.

Hintergrund der Änderungen ist der Haushalt – den der Landtag eigentlich schon als Doppeletat für 2024/25 beschlossen hatte. Die Einnahmen des Freistaats leiden jedoch unter der Wirtschaftsflaute. Finanzminister Albert Füracker (CSU) musste daher einen Nachtragshaushalt vorlegen. Bis 2026 muss allein Bayern mit Steuerausfällen von rund 2,4 Milliarden Euro rechnen, wie die jüngste Steuerschätzung zeigte. Höhere Kosten stehen auf der Gegenseite: Erst vor einer Woche einigte sich die Staatsregierung mit Bezirken, Landkreisen, Städten und Gemeinden auf den kommunalen Finanzausgleich für 2025. Die Kommunen erhalten für die Erledigung ihrer Aufgaben dann fast zwölf Milliarden Euro.

Angestiegen sind auch die Ausgaben für Migration, zuvorderst die Unterbringung von Flüchtlingen. 2025 sind dafür drei Milliarden Euro anzusetzen. Zu dem Bereich kündigte Söder kürzlich Konzepte an, um Kosten einzusparen, etwa mehr zentrale Asyl-Unterkünfte. Als weitere Posten nannte der Kabinettsbericht am Dienstag die Bewältigung des Hochwassers im Frühsommer sowie den Zensus; die Volkszählung habe überraschend eine Lücke zur amtlichen Einwohnerstatistik des Freistaats ergeben, mit finanziellen Folgen.

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Füracker verwendet für den Nachtragshaushalt 2025, der knapp 77 Milliarden Euro insgesamt umfasst, 1,8 Milliarden Euro aus der Rücklage. In diesem „Krisenkonto“ verbleiben dann nur noch drei Milliarden Euro. Neue Schulden werden nicht aufgenommen. Man brauche wieder Einnahmen durch „wirtschaftliche Dynamik“ im Land, betonte Füracker. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) sagte: „Bayern kann sich nur bedingt ausklinken von diesem verheerenden Bundestrend.“ Daher stünden Dinge zur Disposition, die man „in guten Zeiten den Bürgern gegönnt“ habe.

Dickster Posten im Etat sind die Personalausgaben – 40 Prozent. Für 2026 wird daher ein „Stellen-Moratorium“ festgeschrieben, keine neuen Jobs beim Staat also. Söder erneuerte seinen Wunsch, die Teilzeitquoten bei Lehrkräften zu senken. Und es ging am Dienstag um den Länderfinanzausgleich. Sollte es nach der Bundestagswahl eine Einigung zur Schuldenbremse geben, sagte Söder, werde man diese an eine Reform des Ausgleichs koppeln. Der Freistaat habe in der Geschichte schon 117 Milliarden Euro für andere Bundesländer eingezahlt und im Gegenzug 3,4 Milliarden Euro erhalten. „Wir sind die Melkkuh der Nation.“

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