"Das gab es noch nie":Bischofswahl der Evangelischen Kirche in Bayern gescheitert

Lesezeit: 3 Min.

Auch nach dem sechsten Wahlgang, den Nina Lubomierski und Christian Kopp (rechts) bestritten, war nicht entschieden, wer die Nachfolge von Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (M) antreten wird. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

In sechs Wahlgängen kann sich das Kirchenparlament nicht auf einen Nachfolger für Heinrich Bedford-Strohm einigen. Der will von Krisenstimmung trotzdem nichts wissen.

Von Annette Zoch

Am Ende griff das Präsidium der bayerischen evangelischen Landessynode zum letzten Mittel: "Komm heiliger Geist, mit deiner Kraft", hieß es die Kirchenparlamentarier singen, inbrünstig und auch ein bisschen verzweifelt. Eigentlich sollte die Synode an diesem Montag in der Matthäuskirche in München einen neuen Landesbischof oder eine neue Landesbischöfin wählen. Doch keiner der insgesamt vier Kandidaten konnte am Ende eines langen Tages die nötige absolute Mehrheit von 55 Stimmen auf sich vereinen. Vorerst gibt es also keinen Nachfolger für den im Herbst scheidenden Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.

Bedford-Strohm hatte sich am Montag zunächst noch ganz vergnügt gezeigt. Er freue sich darauf, seine Aufgabe im Herbst in neue Hände zu legen, sagte er. Mit dem Fahrrad war er durchs streikgeplagte München ans Sendlinger Tor gekommen und hatte zwischen den Wahlgängen Ingwerbonbons an seine Sitznachbarn verteilt. Doch von Wahlgang zu Wahlgang wurde die Stimmung angespannter. Vor dem sechsten und entscheidenden Wahlgang sah man Bedford-Strohm dann mit gerunzelter Stirn im Krisenmodus hin und her pilgern zwischen Synoden-Präsidium, den Nachfolge-Kandidaten und Kirchenjuristen.

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Denn erhält kein Kandidat in sechs Wahlgängen die absolute Mehrheit, so steht es im Bischofswahlgesetz, muss ein neuer Wahlvorschlag unterbreitet werden. Bedford-Strohm selbst war vor zwölf Jahren erst im sechsten Wahlgang zum evangelischen Landesbischof gekürt worden. Doch dass selbst sechs Wahlgänge nicht reichen, "das gab es in der Geschichte der bayerischen Landeskirche noch nie", sagte Bedford-Strohm am Abend.

Zur Wahl standen vier Personen: Gabriele Hoerschelmann, die Direktorin des "Zentrums Eine Welt" in Neuendettelsau, der Münchner Regionalbischof Christian Kopp, 58, die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski, 47, und der Windsbacher Dekan Klaus Schlicker. In den ersten beiden Wahlgängen wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig gewesen, vom dritten Wahlgang an hätte dann die absolute Mehrheit von 55 Stimmen gereicht. 108 Mitglieder hat die Synode insgesamt, zwei fehlten entschuldigt.

Gabriele Hoerschelmann hatte ihre Kandidatur nach dem dritten Wahlgang zurückgezogen, nachdem sie jeweils nur 13 beziehungsweise neun Stimmen auf sich vereinen konnte. Vor dem fünften Wahlgang zog dann auch der 56-jährige Klaus Schlicker, Dekan von Windsbach, seine Kandidatur zurück. Zuletzt konzentrierte sich der Wahlkrimi auf Christian Kopp, und Nina Lubomierski. Im fünften Wahlgang kam es zwischen beiden zu einem Patt, es stand 51 zu 51. Vier Personen hatten sich enthalten.

Diese vier hätten dann in der nächsten Abstimmung geschlossen für einen der beiden Kandidaten stimmen müssen, um die nötigen 55 Stimmen zu erreichen - ob das klappen würde, daran zweifelten viele Synodale da schon längst. In gedrückter Stimmung kamen sie aus den letzten Beratungen zurück. Sie sollten Recht behalten: Am Ende erhielt Kopp 52, Lubomierski 50 Stimmen, bei vier Enthaltungen. Damit hatte keiner von beiden die erforderliche Mehrheit.

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Vier Kandidatinnen und Kandidaten bewerben sich um die Nachfolge von Heinrich Bedford-Strohm. Jung, älter, international ausgerichtet, regional verwurzelt - die Kandidaten haben ganz unterschiedliche Profile.

Von Annette Zoch

Wie geht es jetzt weiter? Hans-Peter Hübner, Kirchenjurist aus dem Landeskirchenamt, informierte die Synodalen über das weitere Prozedere: Man könne entweder versuchen, einen neuen Wahlvorschlag noch in dieser laufenden Synode zu erarbeiten - sie dauert noch bis Freitag. Auf der Liste können die alten Kandidaten stehen, aber auch neue.

Neue Kandidaten brauchen allerdings vorher grünes Licht sowohl von der bayerischen Staatsregierung, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Sich von diesen drei Stellen in nur drei Tagen ein Plazet zu holen, wird ambitioniert.

Alternativ müsse man zu einem Sondertermin neu wählen. Die Wahl eines neuen Landesbischofs oder einer neuen Landesbischöfin sollte allerdings vor der für November angesetzten Herbstsynode stattfinden, erläuterte er. Denn die Amtszeit des amtierenden Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm endet am 31. Oktober 2023. Am Dienstagabend will der Wahlausschuss beraten, wie es jetzt weitergeht. Die beiden Kandidaten zeigten sich am Montagabend ermattet: "Ich brauche jetzt erstmal keinen Tatort mehr", sagte Lubomierski. "Es war ein anstrengender Tag, ich muss das jetzt erstmal sacken lassen", so Kopp.

Von Krisenstimmung in der evangelischen Landeskirche will Bedford-Strohm trotzdem nichts wissen: "Wir müssen uns jetzt erstmal berappeln", sagte er am Abend. "Aber das ist jetzt keine schlimme Situation, es dauert eben nur länger." Synoden seien eben manchmal anstrengend. "Ich sage trotzdem: Ich bin froh und dankbar, dass wir freie Synoden haben, die ihre Wahlentscheidungen frei treffen können. Wir werden mit dieser Situation umzugehen wissen. Der Heilige Geist, den wir ja schon angerufen haben, er wird uns dabei helfen."

Die vorbereitete Abend-Andacht fiel dann aus, vermutlich hätte sie inhaltlich nicht mehr wirklich gepasst auf eine Landeskirche ohne neuen Landesbischof. Aber gesungen haben sie dann doch nochmal, die Synodalen, trotz allem: "Nun danket alle Gott".

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