Kurz vor der Sommerpause hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) angekündigt, dass die Staatsregierung von 2025 an die Betreiber von neuen Windrädern und Solarparks verpflichten will, die Standortgemeinden und Anwohner an den Einnahmen aus den Anlagen zu beteiligen. Damit will sie die Zustimmung zu den Anlagen verbessern. Jetzt sind die Landtags-Grünen mit einem Gesetzentwurf dazu vorgeprescht.
Am Mittwoch hat der Grünen-Abgeordnete Martin Stümpfig ihre Vorstellungen für ein „Bürgerenergiebeteiligungsgesetz“ vorgestellt. „Die Energiewende in Bayern steht und fällt mit der Akzeptanz der Anlagen“, sagte Stümpfig. „Man erreicht sie am besten, indem man die Bürger finanziell beteiligt – direkt oder indirekt über die Kommunen.“
Ziel der Grünen ist, dass die Standortgemeinden die Herrschaft über das Verfahren haben. Deshalb steht eine sogenannte Beteiligungsvereinbarung zwischen den Betreibern von Windrädern und Solarparks ab einem Megawatt Leistung und den Standortgemeinden im Zentrum ihres Gesetzentwurfs. Darin sollen beide Parteien festlegen, in welcher Form die Bürger an den Anlagen teilhaben – über vergünstigte Stromtarife zum Beispiel, Direktzahlungen an die Anlieger oder die Kommunen oder die Möglichkeit für die Bürger, Anteile an der Projektgesellschaft zu zeichnen. „Die Vertragsparteien haben dabei möglichst große Freiheit“, sagte Stümpfig. „Dadurch wollen wir sicherstellen, dass jede Gemeinde die optimale Lösung für sich findet.“ Außerdem wollen die Grünen so „unnötige Auflagen und Bürokratie“ vermeiden.
In den Fällen, in denen partout keine Beteiligungsvereinbarung zustande kommt, soll eine sogenannte Ersatzbeteiligung greifen. Sie soll 0,3 Cent je Kilowattstunde Strom betragen, die von dem Windrad oder dem Solarpark erzeugt werden. Der Betrag soll an die Kommune fließen. Stümpfig rechnet damit, dass allein durch diese Beteiligung mindestens 20 000 Euro je neues Windrad oder neuem Solarpark und Jahr an die Standortkommune gehen. Außerdem sollen sich bei der Ersatzbeteiligung Anlieger direkt an der Betreibergesellschaft beteiligen können, und zwar in Höhe eines Fünftels des Investitionsvolumens in die jeweilige Anlage. „Wir gehen allerdings davon aus, dass die Ersatzbeteiligung die Ausnahme sein wird“, sagt Stümpfig. „Denn die Beteiligungsvereinbarung ist einfach attraktiver.“
Frühe Information und Transparenzplattform
Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine frühzeitige Information der Kommunen über Windrad- und Solarpark-Pläne auf ihrer Flur und eine bayernweite Transparenzplattform über Beteiligungen und Beteiligungsvereinbarungen vor. Die frühzeitige Information sei unverzichtbar für reibungslose Vertrags- und Genehmigungsverfahren, sagte Stümpfig. Auf der Transparenzplattform sollen sich Kommunen über alle möglichen Beteiligungsmodelle informieren und das für sie am besten passende aussuchen können.
Von den Bürgerenergiegesellschaften und Energiegenossenschaften kommt Lob für die Grünen-Initiative. „Ein bayerisches Bürgerbeteiligungsgesetz wie das der Grünen kann die Energiewende entscheidend voranbringen“, sagte Katharina Habersbrunner. Sie ist Vorständin beim Bündnis Bürgerenergien, einem bundesweiten Dachverband von Bürgerenergiegenossenschaften und -gesellschaften, und hatte wie andere Experten der Erneuerbare-Energien-Szene Anfang Juli an einer Anhörung der Landtags-Grünen zu dem Thema teilgenommen.
Von den Plänen der Staatsregierung ist bisher nur bekannt, dass die Betreiber neuer Windräder und Solarparks 0,2 Cent je Kilowattstunde Strom aus den Anlagen an die Standortgemeinden abführen sollen. Bei Windrädern soll dazu ein Radius von 2,5 Kilometern um die Anlagen gezogen werden. Bei Solarparks ist kein solcher Radius vorgesehen. Weitere 0,1 Cent je Kilowattstunde sollen an die Anwohner gehen.