Unter Bayern:Die Freuden des Frierens

Unter Bayern: Eisbaden - für die einen Wahnsinn, für die anderen eine Lebenseinstellung.

Eisbaden - für die einen Wahnsinn, für die anderen eine Lebenseinstellung.

(Foto: LEONHARD SIMON)

Baden im Eiswasser und Schlottern am Berg sind die neuesten Fitnesstrends im Energiesparwinter. Es wird höchste Zeit, die Angorawäsche auszuziehen und es dem Ex-Fußballer Schürrle nachzumachen.

Neulich hat der Intellektuellenkanal Arte einen Film über die Freuden des Frierens gezeigt. Eine junge Finnin badete bei minus 27 Grad im Eisloch. Das ist eine Temperatur, bei der Polarfüchsen schon mal der Schwanz abbricht. Die Frau fand das aber alles ganz super, vor allem das Schlottern danach, da spürt man echt, dass man lebt und so. Die ganze Doku ging in die Richtung, dass man sich regelmäßig schockfrosten solle.

Wenn man selbst gerade bei 18,5 Grad im Energiesparmodus vorm Fernseher fröstelt, fragt man sich aber schon, ob die Sauna nicht die bessere Erfindung als das Eisloch ist. Generell wächst der soziale Druck, dass man seinen Wohlstandskörper abhärten muss. Alkoholabstinenz, Rauchverbot und Fitnesstraining reichen nicht mehr. Am schönsten ist ein Wochenende dann, wenn man es fürs Intervallfasten nutzt und den sprunghaften Geist mit einem Medienverzicht bändigt. Die Wirkung solcher Maßnahmen lässt sich mit Kälteanwendungen noch verstärken: Schon ein kurzes Bad in der Tiefkühltruhe wirkt Wunder. Aber Achtung: Kälte kann tödlich sein, das zeigt die Forschung auch. Also nie den Deckel der Truhe schließen oder zumindest die Partnerin bitten, dass sie nach spätestens 30 Minuten mal nachschaut.

Der Kältekult hat inzwischen auch den eigenen Sohn erfasst. Er badete an Weihnachten im Kochelsee, ein Gewässer, das selbst im Juli zu kalt zum Schwimmen ist. Dabei wandte er die Wim-Hof-Methode an, eine spezielle Form der Atemtechnik, die unbesiegbar macht. Kälteaktivist Hof ist im Jahr 2007 in Jeans und Sandalen im Himalaya bis auf 7400 Meter hinaufgelatscht. Der frühere Fußballer André Schürrle hat es ihm nachgemacht und bei minus 19 Grad und 100 Kilometer Windgeschwindigkeit einen Berg bezwungen. Dafür hat er auf Instagram fast 40 000 Likes bekommen. Auf dem Gipfelfoto sieht Schürrle allerdings echt mies aus. "I can do everything" schrieb er noch unter Einfluss der Hypothermie.

Es wird also höchste Zeit, die Angorawäsche abzulegen und bei der Ertüchtigung mitzumachen. Die Temperatur im Münchner Michaelibad wurde auf 25 Grad gesenkt. Ein guter Anfang. Im März laden die Burghauser Eisschwimmer zum dreitägigen Trainingscamp. Dafür kann man sich schon mal anmelden. Mit ein bisschen Glück ist dann eh schon Sommer.

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