Landesamt für Denkmalpflege:Der Beamte, von dem Bayern 730 000 Euro will

Landesamt für Denkmalpflege: Um die Rettung der Alten Mainbrücke in Ochsenfurt machte sich Egon Johannes Greipl ebenso verdient wie um die Sanierung des Wasserschlosses in Arnschwang.

Um die Rettung der Alten Mainbrücke in Ochsenfurt machte sich Egon Johannes Greipl ebenso verdient wie um die Sanierung des Wasserschlosses in Arnschwang.

(Foto: SZ Photo/Timeline Images)

Der ehemalige Generalkonservator Egon Johannes Greipl hat in seiner Amtszeit umstrittene Werkverträge vergeben und muss deshalb viel Geld an den Freistaat zurückzahlen. Ist das zu hart?

Von Hans Kratzer

Kurz bevor im Herbst 2013 die Amtszeit von Egon Johannes Greipl als Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege endete, hoffte er noch auf eine Verlängerung seines Vertrags. Diesen Wunsch gewährten ihm die zuständigen Ministerien aber nicht. Sie hatten von Greipls Hang zum Eigensinn und zur Widerständigkeit erkennbar genug.

Zweifellos hatte sich Greipl in seinem Bemühen, die Denkmalpflege in Zeiten des Sparzwangs kraftvoll zu erhalten, viele Feinde gemacht, gerade in der Ministerialbürokratie. Deshalb wirkte er auch nicht enttäuscht, sondern eher erleichtert. Bei seinem letzten Amtstermin resümierte er, seine Dienstzeit habe ihm mehr Ärger beschert, als ihm lieb gewesen sei. So war er nach eigener Aussage letztlich froh, dass nicht nur die Verantwortung als Leiter einer 300-köpfigen Behörde, sondern auch eine Last von ihm abfiel.

Landesamt für Denkmalpflege: Egon Johannes Greipl war von 1999 bis 2013 Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege

Egon Johannes Greipl war von 1999 bis 2013 Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege

(Foto: Christoph Vohler/Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)

Gut acht Jahre später bleibt festzuhalten, dass Greipl von der Last seiner Tätigkeit nur für kurze Zeit befreit war. Die Folgen mehrerer umstrittener Entscheidungen, die er während seiner Dienstzeit getroffen hatte, holten ihn geschwind ein. Und zwar mit aller Härte. Der Freistaat Bayern forderte von ihm plötzlich 730 000 Euro Schadenersatz und strengte ein Gerichtsverfahren an. Das Landesamt für Finanzen hatte vorgebracht, Greipl habe seine Dienstpflichten verletzt und seinem früheren Arbeitgeber einen hohen finanziellen Schaden beschert. Greipls Ruhestand wurde zum Unruhestand, der für ihn in ein Fiasko mündete.

Nach dem vor Kurzem ergangenen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), das einen Spruch des Verwaltungsgerichts Regensburg von 2019 bestätigte, muss Greipl den Schadenersatz in voller Höhe begleichen. Tief getroffen, sprach er danach von einem beruflichen, wirtschaftlichen und persönlichen Desaster. Überdies erwartet ihn eine am Amtsgericht München zugelassene Anklage der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts auf Vorenthalt und Veruntreuung von Arbeitsentgelt in 27 Fällen.

Im Kampf um seine Rehabilitierung kommt für Greipl erschwerend hinzu, dass er nach einem Schlaganfall zurzeit gesundheitlich sehr geschwächt ist. Dabei gäbe es so viel zu reden, hat doch sein Fall Unruhe in die Reihen der bayerischen Spitzenbeamten getragen. Bislang ist kaum ein Fall bekannt, in dem eine vergleichbare Verletzung der Dienstpflicht ähnlich massiv geahndet wurde. Manche sagen: Im Fall Greipl wird ein Exempel statuiert.

Für leitende Beamte stellt sich mehr denn je die Frage, wie sich künftig verhindern lässt, ein ähnliches Schicksal wie Greipl zu erleiden. Achim Hubel, emeritierter Professor für Denkmalpflege, äußert zum Beispiel die Befürchtung, das Urteil könnte Folgen gerade für jene Beamten haben, die mit Vergaben zu tun haben.

Bis jetzt werde bei Bauprojekten mit großen Kostensteigerungen quasi niemand zur Rechenschaft gezogen. Wird da mit zweierlei Maß gemessen?, fragt sich nicht nur Hubel, der in der Causa Greipl auch dem Freistaat eine Teilschuld zubilligt, weil er dringend notwendige Stellen im Landesamt für Denkmalpflege gestrichen habe. Die im Denkmalschutzgesetz vorgeschriebene Pflege einer Denkmalliste habe das Amt mit dem eigenen Personal nicht mehr erfüllen können. Ohne die Werkverträge, die Greipl jetzt zum Verhängnis wurden, wäre die Aufgabe nicht zu lösen gewesen.

Landesamt für Denkmalpflege: Das Wasserschloss in Arnschwang bei Cham sollte abgerissen werden. Bis Greipl gegen Widerstände ein Konzept zur Sanierung auf den Weg brachte.

Das Wasserschloss in Arnschwang bei Cham sollte abgerissen werden. Bis Greipl gegen Widerstände ein Konzept zur Sanierung auf den Weg brachte.

(Foto: Alois Heitzer/ Wikimedia commons)

Dass er Werkverträge und keine Zeitverträge abgeschlossen habe, begründete Greipl mit dem Argument, Zeitverträge habe man nur einmal verlängern können, was zu einem ständigen Personalwechsel geführt hätte. Als Greipl 1999 sein Amt antrat, geriet er in eine für die Denkmalpflege immer schlechter werdende Zeit hinein. Die Stoiber'sche Sparpolitik bedingte fortan einen massiven Schwund des Etats und die Streichung vieler Stellen. Andererseits wurde der Denkmalbehörde die Aufgabe übertragen, unverzüglich alle Bau- und Bodendenkmäler in Bayern zu überprüfen und zu erfassen, eine jahrelange Mammutaufgabe.

Greipl glich den Personalmangel aus, indem er junge Kräfte mit Uni-Abschluss per Werkvertrag einstellte, die hier eine erste berufliche Chance erhielten. Als freilich ein Mitarbeiter nach mehreren Werkverträgen auf einen dauerhaften Dienstvertrag klagte, bekam er recht. Danach beging Greipl den Fehler, den Rat der zuständigen Juristen zu ignorieren und weiterhin Werkverträge auszustellen, für die der Freistaat schließlich Sozialabgaben in Höhe von 730 000 Euro nachzahlen musste. Jene Summe, die Greipl jetzt zurückzahlen muss. Laut Gericht hat Greipl als Beamter "schuldhaft gegen seine Dienstpflichten verstoßen" und dem Freistaat einen Schaden zugefügt.

Thomas Fischer, emeritierter Professor für Archäologie, wirft jedoch ein, Greipl habe die gesetzlichen Vorgaben des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes erfüllt. Dass er das tun musste, habe in der juristischen Auseinandersetzung offenbar keine Rolle gespielt, bedauert er und fragt: "Ist denn dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst nicht aufgefallen, dass es letztlich verpflichtet ist, für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben Sorge zu tragen?"

Stattdessen habe es mit der nicht erfolgten Gewährung "regulärer" Haushaltsmittel gegen Geist und Buchstaben des Denkmalschutzgesetzes verstoßen. Der Staat fordere hier mit geradezu absurder Formulierung Schadenersatz, als ob es durch Greipls mutiges Vorgehen einen Schaden gegeben hätte. "Das Gegenteil war ja der Fall!", sagt Fischer.

Richard Loibl, der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, sagt, er halte die Problematik der Zeit- und Werkverträge grundsätzlich für sehr schwierig. Ursache sei, dass für Aufgaben, die der Staat stellt, keine Planstellen mitgeliefert werden. Dann gehe es halt nur über Zeit- und Werkverträge. Zeitverträge könnten aber in der Regel nicht verlängert werden, weil dann ein Anspruch auf Festanstellung entstehe. Greipl sei es zum Verhängnis geworden, dass er das Know-how, das sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erworben hatten, auch weiterhin nutzen wollte. Den Juristen sei es darum gegangen, dass keine Ansprüche der Beschäftigten entstehen. "Heute würde Greipl wohl den Juristen folgen", sagt Loibl. "Und die Inventarisierung der Denkmäler wäre immer noch nicht abgeschlossen."

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