DGB-Vorsitzender:Langjähriger Gewerkschaftschef Matthias Jena ist tot

DGB-Vorsitzender: Matthias Jena, verankert im evangelischen Glauben, war im Alltag stets auf Teamarbeit und Überzeugung bedacht.

Matthias Jena, verankert im evangelischen Glauben, war im Alltag stets auf Teamarbeit und Überzeugung bedacht.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Jena starb im Alter von 60 Jahren. Erst im Mai war er aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt als Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Bayern zurückgetreten.

Von Uwe Ritzer

Mit grimmigem Blick ganz oben auf der Barrikade, die eine Hand zur Faust geballt, in der anderen die rote Fahne schwenkend, war er nur schwer vorstellbar. Matthias Jena war ein musischer Mensch, verankert im evangelischen Glauben, im Alltag auf Teamarbeit und Überzeugung bedacht. Kein politischer Raufbold, sondern ein Mann der argumentativen Töne. Und argumentieren konnte er, sachlich, messerscharf und kämpferisch. Als Arbeiterführer blieb er stets ein wenig untypisch, wenngleich in seinem Engagement anerkannt und wirkungsvoll.

Sein Elternhaus sei sehr musikalisch und zugleich von politischen Diskussionen geprägt gewesen, erzählte Jena einmal. Geboren in München, aufgewachsen in einem Dorf bei Würzburg und in Hamburg, studierte der Sohn eines evangelischen Kirchenmusikdirektors und einer Gymnasiallehrerin Sozialpädagogik bis zum Diplom, und sattelte ein Studium der Politik, Psychologie und Theologie drauf, das er allerdings abbrach. Stattdessen wurde er 1986 Mitarbeiter und Büroleiter des SPD-Bundestagsabgeordneten und Landeschefs Rudolf Schöfberger.

1990 wechselte Jena zum DGB Bayern, als Leiter der Vorstandsabteilung, einer Art Landesgeschäftsführer. Dass ihm die gewerkschaftliche Basiserfahrung, etwa als Betriebsrat, fehlte, erwies sich nicht als Nachteil. Jena zehrte aus 20 aktiven Jahren in der ehrenamtlichen Jugendarbeit, unter anderem als Vorsitzender des Münchner Kreisjugendrings. Soziale Gerechtigkeit, der Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus, eine menschliche Arbeitsmarktpolitik waren seine großen Themen.

"Er war ein aufrechter und ehrlicher Mensch und Gewerkschafter", sagt Jürgen Wechsler, ehemaliger Landeschef der IG Metall. Von 2006 bis 2010 diente Jena Wechslers Vorgänger Werner Neugebauer als Pressesprecher. Um anschließend eine andere Legende aus der bayerischen Gewerkschaftsgeschichte zu beerben: DGB-Landeschef Fritz Schösser. 20 Jahre hatte dieser die Dachorganisation der Gewerkschaften in Bayern mit ihren 800 000 Mitgliedern geführt - und zugleich als scharfzüngiger SPD-Abgeordneter in Bundes- und Landtag gesessen. Als Schösser abtrat, setzte sich Jena am 12. Februar 2010 in einer Kampfabstimmung um den DGB-Landesvorsitz durch.

Anders als Schösser, zog es Jena nicht in die Politik. Seit 1979 SPD-Mitglied, haderte er mit seiner Partei, etwa wegen der Hartz-Gesetze des Kanzlers Gerhard Schröder. Trotz Austrittsgedanken blieb er doch in der SPD; einfach hinzuwerfen hätte der verheiratete Vater zweier Kinder vermutlich auch als Aufgeben empfunden. Dann lieber bleiben, für Änderungen kämpfen, mitarbeiten.

Am Mittwoch würdigte die Bayern-SPD Matthias Jena als einen "Großen der Arbeiterbewegung in Bayern". Ministerpräsident Markus Söder nannte ihn einen "engagierten Kämpfer für Arbeitnehmerrechte, soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt". Mitte Mai hatte Jena den DGB-Landesvorsitz aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt; am Dienstag ist er nun im Alter von 60 Jahren gestorben.

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