Es heißt ja immer, man soll über die Dinge, die einen bedrücken oder mindestens nerven, reden. Dann wird einem gleich leichter ums Herz. Bei SZ-Redakteurinnen und -Redakteuren ist das nicht anders, nur dass es hier über das Schreiben läuft. Diese Kolumne ist also auch eine Art Seelenhygiene.
Ein Kollege beispielsweise hat schon über sein Leben mit Günther geschrieben, der Marder, der ungefragt auf seinem Dach wohnt. Oder die Kollegen im Franken-Büro, die mindestens alle zwei Wochen über Wurst schreiben (müssen). Uns alle eint jedoch ein leidvolles Thema: die Bahn.
Seit Einführung des 49-Euro-Tickets, fahren Teile der Redaktion mit der Bahn in die Arbeit und manchmal sogar auch zu den entlegensten Orten des Freistaates. Allein, wir kommen dann nicht immer dort an. Oder erst dann, wenn es eigentlich schon wieder Zeit für die Heimreise wäre.
Zum Beispiel neulich: Ein Haufen Pendler saß am Münchner Hauptbahnhof arglos im Regionalexpress nach Regensburg. Die Abfahrtszeit war schon seit zehn Minuten verstrichen, was die mit allen Wassern gewaschenen Insassen nicht im Mindesten kratzte. Aufgehorcht wurde erst, als der Schaffner bei seiner Durchsage verkündete, dass man auf unbestimmte Zeit nicht wegkomme, vermutlich wegen einer defekten Lok.
Einige Passagiere verließen den Zug, um kurz zu rauchen. Wenige Sekunden später setzte sich besagte Lok wie durch Zauberhand und ohne jegliche Ankündigung in Bewegung. Die übrigen Insassen des Zuges blickten mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Erleichterung in die Gesichter der Rauchenden, die wie Rauchschwaden an ihnen vorbeizogen.
Der Defekt an der Lok wurde mit keiner Silbe mehr thematisiert, die weitere Fahrt wurde nämlich von anderen Vorkommnissen überschattet: Tiere auf der Strecke. Das war schon spannend und eine Abwechslung zu defekten Loks, runtergefallenen Oberleitungen, dem berüchtigten „entgegenkommenden Zug“ oder „spielenden Kindern im Gleis“. Die nächsten eineinhalb Stunden, die der Zug von München bis Freising brauchte, wurde wild spekuliert und gefachsimpelt. Sind es Hühner? Schafe? Aber wir sind doch nicht in Irland! Vielleicht Kühe? Oder, wie ein Mitfahrer vermutete: „Die verarschen uns doch!“
Irgendwann zwischen zwei Funklöchern erreichte die Bahnfahrer die Nachricht, dass das 49-Euro-Ticket teurer wird. Auch das wurde mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Erleichterung aufgenommen.