Demonstrationen in Bayern:Für die Freiheit, jetzt aber echt

Protest against Russian agression in Ukraine On Monday, 28th Febuary 2022, up to 700 people gathered to demonstrate aga

Auf dem Geschwister-Scholl-Platz in München wird gegen den Krieg in der Ukraine demonstriert.

(Foto: imago images/aal.photo)

Der politische Aschermittwoch fällt aus, aber nur das übereinander Herziehen. Denn die Menschen gehen auf die Straßen - schließlich ist die Freiheit nun wirklich bedroht.

Kolumne von Katja Auer

Der Aschermittwoch ist für Christen traditionell ein Fast- und Abstinenztag und markiert den Beginn der Fastenzeit. Die Gläubigen verzichten auf Genussmittel, gehen in die Kirche und lassen sich als Erinnerung an ihre Vergänglichkeit das Aschekreuz auflegen.

Für Parteianhänger ist er ein Wander- und Prosittag und markiert einen Höhepunkt der politischen Auseinandersetzung. Die Leute fahren nach Niederbayern, trinken schon früh kräftig Bier und lassen sich als Erinnerung an frühere (oder für später erhoffte) Wahlsiege von den Volksvertretern auf der Bühne anbrüllen.

Heuer nicht. Die Politgaudi wurde abgesagt, sie wäre nicht passend angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine.

Es ist ja ohnehin mindestens kurios, dass es ausgerechnet an einem Tag der Stille und Einkehr darum geht, möglichst gschert über den politischen Gegner herzuziehen. In diesem Jahr, weil Putin im Wortsinne hergefallen ist über die Ukraine, werden sich Bayerns Politiker miteinander zu einer Kundgebung in München versammeln und gemeinsam gegen den Krieg protestieren.

So wie zurzeit in ganz Bayern Menschen gegen den Krieg demonstrieren. Wer keine Ukraine-Flagge daheim hat, zieht sich was Gelbes und was Blaues an oder häkelt noch schnell eine politische Mütze. Tausende gehen auf die Straßen, kaum ein Marktplatz dieser Tage, wo nicht schon eine Mahnwache abgehalten wurde und Leute für Frieden und Freiheit eintraten.

Umso schöner, da es wirklich um die Freiheit geht, die in jüngster Zeit bei Demonstrationen in Bayern oft hat herhalten müssen für allerlei Protestiererei. Corona-Leugner und Rechtsextremisten verschanzten sich hinter ihren Rufen nach der vermeintlich eingeschränkten Freiheit und hinter Impfskeptikern, denen aber oftmals leider auch nichts Besseres eingefallen ist, als ausgerechnet nach Freiheit zu rufen. Beim Blick in die Ukraine offenbart sich nun, wie es ist, wenn diese tatsächlich angegriffen wird.

Also raus auf die Straßen und eingetreten für Frieden und Freiheit. Damit es nächstes Jahr hoffentlich keinen Grund mehr gibt, den Politischen Aschermittwoch abzusagen. Wenn sich dann wirklich noch jemand mit so einem arg banalen Spektakulum abgeben mag.

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