Mit der steigenden Internetnutzung in Corona-Zeiten ist die Gefährdung durch Online-Kriminalität und Cyberangriffe laut bayerischen Sicherheitsbehörden akuter denn je. Gleich vier Minister - Joachim Herrmann (Inneres), Georg Eisenreich (Justiz), Judith Gerlach (Digitales) und Albert Füracker (Finanzen), alle CSU - haben daher am Montag Gegenmaßnahmen vorgestellt. Die Behörden stünden unter einer "permanenten Bewährungsprobe", hieß es. Um im Kampf gegen Kriminelle im Netz zu bestehen, haben die vier Ministerien Anfang 2020 eine ressortübergreifende "Cyberabwehr Bayern" gegründet. Koordiniert mit den Landesämtern für Verfassungsschutz und für Sicherheit in der Informationstechnik werden Informationen unbürokratisch ausgetauscht. Seitdem habe es mehr als 35 Lage- und Sonderbesprechungen dazu gegeben. Es geht als Schwerpunkt um Waren- und Zahlungsbetrug, ferner etwa um Identitätsklau oder Kinderpornografie. Im Kontext mit Corona seien Fake-Websites zu Hilfsmaßnahmen aufgetaucht. Von ausländischen Staaten drohten das Hacken von IT-Infrastruktur und Desinformationskampagnen.
Die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für 2019 zählte im Bereich "Tatmittel Internet" fast 30 000 Delikte, mehr als in den Vorjahren. Bis Mai ist laut einem Vorauszug der PKS für das laufende Jahr die Tendenz steigend, vor allem beim Betrug. Der "Hype" um Einkauf im Netz während des Lockdowns ist laut Innenminister dafür maßgeblich, doch auch anderweitig seien Anstiege festzustellen. Bei den Zahlen handelt es sich nur um das polizeilich bekannte "Hellfeld", das Dunkelfeld dürfte enorm sein. Die Aufklärungsquote lag zuletzt bei 36,4 Prozent. Sie ist aufgrund der Rahmenbedingungen dürftig im Vergleich zu herkömmlicher Kriminalität, bei Gewaltdelikten verbucht man Quoten von 80 Prozent und mehr. Herrmann und Eisenreich plädierten für mehr Befugnisse der Ermittler, Datenspeicherung müsse über das derzeit Mögliche hinausgehen. Eisenreich forderte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) auf, dies in der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu forcieren.
Als Beispiel für die Arbeit der Cyberabwehr nannte Herrmann den Angriff auf eine Klinik in Tschechien, bei dem Schadsoftware in elektronischen Patientenakten versteckt war. Als Reaktion hierauf habe man breite Sensibilisierungsmaßnahmen für bayerische Krankenhäuser gestartet. Wohl auch deshalb sei bislang kein erfolgreicher Angriff dieser Art bekannt. "Unsere Gesellschaft ist digital verwundbar. Es ist Aufgabe des Staates, für Sicherheit in unserer digitalen Welt zu sorgen", sagte Eisenreich. Er verwies auf die Zentralstelle Cybercrime bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg. Die Zahl der Staatsanwälte dort sei seit 2015 von zwei auf 14 gestiegen. Der Freistaat setze sich zudem im Bund für ein "modernes Cyberstrafrecht" ein, vieles sei nicht mehr zeitgemäß. Digitalministerin Gerlach will die Wachsamkeit der Bürger schärfen. Ihr Haus habe viele Maßnahmen aufgelegt, zum Beispiel eine Hotline für Cyberdelikte oder die Kooperation von Unternehmen mit der Forschung. Finanzminister Füracker hob die Beratung von Kommunen und deren Aufgabenbereiche hervor: Die IT etwa von Wasserversorgern gelte es bestmöglich zu schützen.