Bayern:CSU-Urgestein Wilfried Scharnagl ist tot

Bayern: Scharnagl bei einem Auftritt im Jahr 2014.

Scharnagl bei einem Auftritt im Jahr 2014.

(Foto: Claus Schunk)

Er galt als Chef-Einflüsterer von Franz Josef Strauß und war jahrelang Chefredakteur der CSU-Parteizeitung - nun ist Scharnagl im Alter von 79 Jahren gestorben.

Der frühere CSU-Vordenker Wilfried Scharnagl ist gestorben. Das teilte Generalsekretär Markus Blume am Dienstag auf Anfrage mit. "Ein Stück CSU-Geschichte ist von uns gegangen." Der 1938 geborene Scharnagl war Vertrauter des langjährigen CSU-Chefs Franz Josef Strauß und von 1977 bis 2001 Chefredakteur der Parteizeitung Bayernkurier.

In der CSU wurde der Name Scharnagl lange Zeit mit ehrfürchtigem Tremolo ausgesprochen. Er galt als Strauß' Chef-Einflüsterer. "Er schreibt, was ich denke, und ich denke, was Scharnagl schreibt", lautet ein immer wieder zitierter Strauß-Spruch, der verdeutlichen soll, wie kongenial-symbiotisch das Verhältnis zwischen dem CSU-Parteichef und seinem Chefredakteur gewesen sei.

Nach dessen plötzlichem Tod im Jahr 1988 verlor Scharnagl an Einfluss, blieb jedoch als CSU-Urgestein über Jahrzehnte präsent. An den Sitzungen des Parteivorstands nahm er noch in hohem Alter als Gast teil."Sein Wirken ist untrennbar mit den einmaligen Verdiensten von Franz Josef Strauß verknüpft, dem er persönlich und politisch engstens verbunden war", sagte Ministerpräsident Markus Söder.

Scharnagl bewahrte die Omega Speedmaster auf, die Strauß am Handgelenk trug, als er 1988 beim Jagdausflug zusammenbrach. Er übernahm direkt nach dem Tod von Strauß auch dessen BMW 325ix, den er erst im April an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer verkauft hat.

Aufsehen erregte Scharnagl zuletzt 2012, als er sein Buch "Bayern kann es auch allein" veröffentlichte - ein Plädoyer für die Unabhängigkeit des Freistaats. Aus seiner Sicht befand sich Bayern seit 1871 auf einem historischen Irrweg, weil Ludwig II. Bayerns Souveränität geopfert hatte und dem von Preußen dominierten zweiten Kaiserreich beigetreten war.

Der Verlust der absoluten CSU-Mehrheit 2008 war für Scharnagl ein Trauma, deren Rückeroberung 2013 eine Genugtuung: "Die bayerische Weltordnung ist wieder hergestellt", sagte er im Herbst 2013. Scharnagl war schon lange Jahre nicht mehr bei guter Gesundheit. Seine Bewertung der CSU-Pleite bei der Landtagswahl am Sonntag ist nicht bekannt. In zehn Tagen wäre Scharnagl 80 Jahre alt geworden.

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