CSU:75 Punkte fürs Image

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Der CSU-Parteivorstand beginnt seine Sitzung mit einer Gedenkminute für die Opfer des Anschlags von Halle. (Foto: Rachel Boßmeyer/dpa)
  • Der CSU-Vorstand hat am Montag einen Leitantrag zur Parteireform verabschiedet.
  • Der 75 Punkte-Plan soll die Partei jünger, weiblicher und digitaler machen. Damit soll vor allem in den Großstädten den Grünen Konkurrenz gemacht werden.
  • Am Freitag und Samstag erwartet die CSU mehr als 3000 Menschen zum Parteitag in der Olympiahalle. Darunter auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Von Wolfgang Wittl, München

Anders als sonst beginnt die CSU-Vorstandssitzung ungewöhnlich still. Markus Söder bittet alle Anwesenden zu einer Schweigeminute für die Opfer des Anschlags von Halle, dann kommt der Parteichef schnell zur Sache. Schon um kurz nach sieben Uhr morgens - fast drei Stunden vor der Sitzung - war er am Montag in der Landesleitung eingetroffen, auf der Agenda standen letzte Beratungen vor dem Parteitag.

Mehr als 3000 Menschen erwartet die CSU am Freitag und Samstag in der Olympiahalle. "Es tut uns gut, wenn wir am Wochenende ein gutes Bild abgeben", ermahnt Söder seine Leute.

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So banal der Satz klingt, hat er durchaus seine Berechtigung. Die CSU hat in den Jahren unionsinternen Streits viele Bilder produziert, nicht immer gute. Unvergessen ist jenes vom Parteitag 2015, auf dem Horst Seehofer und Angela Merkel körperlich gemeinsam auf der Bühne standen, in der Flüchtlingsfrage aber Kilometer voneinander getrennt.

So etwas soll nie mehr wieder passieren, das haben sich die beiden neuen Vorsitzenden von CDU und CSU geschworen. Die CSU stehe nun wieder für "Stabilität in die Union hinein", behauptet Söder. Annegret Kramp-Karrenbauer dürfe sich jedenfalls auf einen freundlichen Empfang freuen. Die CDU-Chefin werde "mindestens so euphorisch begrüßt" wie am Wochenende bei der Jungen Union.

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Zwei politische Gegner hat Söder identifiziert, die CDU gehört anscheinend nicht mehr dazu. Er nennt einerseits die "Ignoranten und Hetzer, die AfD", die er künftig noch stärker stellen will (zum Beispiel mit der Forderung, sich von Björn Höcke zu trennen). Und dann gebe es andererseits jene, "die maßlos auftreten, die Grünen". Aus Söders Sicht bewegen sich die Grünen aus der politischen Mitte wieder nach links - zumindest käme ihm das wohl gelegen.

Die Attacke kommt nicht überraschend. Bei der Europawahl im Mai lag die CSU in der Gunst der Jungwähler weit hinter den Grünen; ein Trend, der schon lange vorher eingesetzt hat. Um ihn zu stoppen, propagiert Söder seit Jahresbeginn ein Ziel: Jünger, moderner, weiblicher müsse seine Partei werden, sich gesellschaftlich öffnen. Auch deshalb verabschiedet der Vorstand am Montag einen Leitantrag zur Parteireform.

75 Punkte hat eine Kommission unter Generalsekretär Markus Blume formuliert, damit die Partei fortschrittlicher werde. Die Liste liest sich wie eine Summe von Versäumnissen. "Zugezogene und Neubürger" will die CSU gewinnen, "die Themen der jungen Generation zu unseren machen" und "die Großstädte neu erobern" - also genau jenes Klientel ansprechen, bei dem die Grünen besonders erfolgreich abschneiden. Mit einem Forum "Klima und Umwelt" wollen die Christsozialen zeigen, dass es ihnen wirklich ernst ist.

Auch digital hat die CSU einiges vor: Mit einer ortsungebundenen Online-Mitgliedschaft wirbt sie um neue Anhänger. Ein Stimmrecht haben sie zwar nicht, aber die Mitgliedschaft könne jederzeit zu einer normalen erweitert werden. Außerdem sollen Mitglieder ihre Anträge im Sinne der digitalen Mitbestimmung online stellen können. Je mehr Zustimmung sie im Internet finden, desto höher ist ihre Dringlichkeit bei der Beratung am Parteitag. Analog zu Schatzmeistern oder Schriftführern sollen in Orts- und Kreisverbänden bald Digitalbeauftragte gewählt werden. "Wir wollen eine ganz andere Tiefen- und Breitenwirkung erzielen", sagt Söder.

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Dass der Leitantrag einstimmig durchgewinkt wird, daran hatten Söder und Blume vielleicht selbst nicht mehr geglaubt. "Ein mehrmonatiger Prozess bis an die Grenzen der Belastbarkeit" liege hinter ihnen, sagt Söder. Im Streit um die Frauenquote hatten sich wieder mal die stärksten Parteigliederungen verkantet: Frauen-Union contra Junge Union. Die FU setzt durch, dass die 40-Prozent-Frauenquote vom Landes- und den Bezirksvorständen auf Kreisvorstände ausgeweitet wird. In engeren Vorständen - Vorsitz, Stellvertreter, Schriftführer, Schatzmeister - soll der weibliche Anteil auf 50 Prozent steigen.

Die JU darf für sich reklamieren, dass es in Kreis- und Bezirksvorständen einen Stellvertreter unter 35 und im Landesvorstand unter 40 Jahren geben soll. Die FU-Vorsitzende Ulrike Scharf und JU-Landeschef Christian Doleschal sprechen unisono von einem "guten Kompromiss". Doleschal betont aber, mittelfristig müsse jede Form von Quote wieder gekippt werden.

Katrin Albsteiger und Astrid Freudenstein, die Oberbürgermeisterkandidatinnen von Neu-Ulm und Regensburg, sollen schon diesmal ohne Quote ins Präsidium aufrücken. Albsteiger, 35, als Schatzmeisterin, Freudenstein, 46, als Schriftführerin. Auch Söder sagt, er werde als Vorsitzender antreten. Auf einen wirtschaftspolitischen Leitantrag verzichtet die CSU entgegen ursprünglicher Pläne, stattdessen gibt es jetzt einen gegen Antisemitismus: Man wolle jüdisches Leben in Bayern schützen und pflegen.

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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