Das „landespolitische Feuerwerk“ fällt aus. So wird im politischen München ja gerne die Grundsatzrede von Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder genannt, die er stets bei Klausurtagungen seiner Landtagsfraktion hält. Da sind dann meist neue Ideen für den heimischen Regierungsbetrieb dabei, etwa zur Schulpolitik, die auch manche Abgeordnete überraschen. Diesmal bei der Klausur im Kloster Banz im fränkischen Bad Staffelstein stand nahezu alles unter den Vorzeichen der Bundestagswahl im Februar.
Was verspricht die CSU als Programm für eine künftige Bundesregierung? Und wo gibt es Abweichungen zur Linie der Schwesterpartei des Kanzlerkandidaten und CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz? Ein Überblick zu den zentralen Themen in Söders Grundsatzrede sowie in einem „Zukunftspapier“ der CSU-Fraktion.
CSU und Grüne, sagte Söder, passen nicht zusammen – es bleibt beim kategorischen Ausschluss eines schwarz-grünen Bündnisses. Aber: „Der Systemgegner ist und bleibt die AfD“, die „ein anderes Land“ wolle. Es helfe indes nicht, die Partei nur zu „dämonisieren“. Die Frage sei, auch mit Blick auf die Lage in anderen europäischen Ländern: „Besitzen die Demokraten die Kraft, auf die Herausforderungen der Zeit zu reagieren?“ Die AfD, so Söder, sehe die Wahl als „Vorstufe zu 2029“. Wenn es jetzt nicht gelinge, die Probleme im Land zu lösen, drohe eine „Weimarer Entwicklung“ – damals seien die Demokraten „zu müde, zu schwach“ gewesen.
Damit meint der CSU-Chef zuvorderst die Migration. Das Thema war in den Merkel-Jahren oft Spaltpilz zwischen den Unionsparteien, „ein endloses Kämpfen um jedes einzelne Wort“, sagte Söder. Heute gebe es „eine völlig neue Gemeinsamkeit“ zwischen den Parteichefs Söder und Merz, „erfrischend klar“. Die Politik von 2015 und Folgejahren sei aber ein Grund, wieso viele Menschen der Union bei dem Thema „eine gewisse Skepsis“ entgegenbrächten – ob sie es sozusagen wirklich ernst meine mit einer Begrenzung der Zuwanderung. Darin sieht Söder übrigens auch einen Grund für den derzeitigen Zulauf zur AfD.
„Klares Konzept und harte Hand“ stellt sich Söder bei der Zuwanderung vor. Das müsse in einer neuen Bundesregierung auch möglichst rasch spürbar sein, hieß es in CSU-Kreisen. Konkret geht es um Zurückweisung an den Grenzen und Abschiebungen von Personen ohne Schutzgrund und bei Straffälligkeit. Akut müsse es einen vorübergehenden Visa-Stopp geben, damit die Behörden prüfen könnten, wer etwa aus Afghanistan auf diesem Weg kommt.
Söder will Aufstockung der Bundespolizei
Die CSU will die Bundespolizei in einem mehrstufigen Verfahren um 10 000 Kräfte aufstocken – für die Grenzen und auch für mehr Sicherheit an Bahnhöfen in Deutschland. Diese seien „das jeweilige Eingangstor zu den Städten“, sagte Söder, oft aber Orte, „wo man möglichst schnell wegwill. Sicherheit ist Voraussetzung für freies Leben“. Dazu solle auch die biometrische Gesichtserkennung über Kameras genutzt werden. Ein Vorhaben, das Datenschützer für heikel in der Umsetzung halten.
Das durch die Ampel geänderte Staatsbürgerschaftsrecht soll kassiert werden, dieses habe die Voraussetzungen für den deutschen Pass zu weit heruntergeschraubt. Staatsbürgerschaft, sagt Söder, sei „keine Mitgliedschaft im Fitnessclub“. Die Resolution der CSU-Fraktion von Klaus Holetschek lobt außerdem die bayerische Bezahlkarte für Flüchtlinge (anstelle von Bargeld) als Richtschnur für ganz Deutschland. Und das Papier fordert klassische Asylleistungen auch für ukrainische Kriegsflüchtlinge – „statt das generell verfehlte Bürgergeld auszuzahlen“. Zudem solle der Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten ausgesetzt werden. An der Migrationspolitik machte Söder seine Absage an die Grünen fest, hier sei die Partei „mit Abstand der größte Hemmschuh. Da passiert nichts“.
In der Wirtschaft – Umfragen zufolge Problem Nummer eins für die Bürgerinnen und Bürger, knapp vor der Migration – skizzierte Söder einen Kurs „pro Leistung“ und „pro Eigentum“. Die jüngste Forderung von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck nach Sozialabgaben auch für Kapitalerträge kommt in nahezu jedem Statement auf der Klausur in Kloster Banz vor – mit scharfer Ablehnung. Söder polterte über Umverteilung und „links-grünen Neid“, CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt empörte sich über eine „Politik des ständigen In-die-Tasche-Greifens“.
Söder will die Steuern senken und die Pendlerpauschale erhöhen (zur Finanzierung gab es keine detaillierten Angaben). Das Bürgergeld in seiner jetzigen Form und Habecks Heizungsgesetz sollen nach Söders Worten „weg“. In der Energiepolitik will die CSU unter anderem prüfen, inwieweit die Kernkraft zu „revitalisieren“ ist. Nötig seien aber auch zehn Gaskraftwerke in Deutschland. Ein „Autoplan“ für die Schlüsselindustrie müsse her und mehr vom Bund in Forschung und Innovation investiert werden.

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Auch brauche es eine „große Entbürokratisierungsdebatte“ in Deutschland. Man müsse einerseits „auf europäischer Ebene die Gesetzesflut stoppen“, andererseits national etwa das Lieferkettengesetz „beerdigen“. Söder wünscht sich hier „mehr Mut“, damit die Wirtschaft „durchschnaufen“ könne. In der Resolution der Fraktion heißt es: „Bürokratieabbau muss Chefsache im Kanzleramt sein.“ Der Freistaat Bayern, der zuletzt Modernisierungsgesetze erlassen und eine Enquete-Kommission im Landtag dazu aufgelegt hat, könne hier Vorbild sein.
Die CSU fordert eine Ausweitung der Mütter-Rente. Und zwar, dass auch für vor 1992 geborene Kinder Erziehungsjahre besser bei der Rente angerechnet werden. Wer dagegen ist, „zeigt, dass er kein Herz hat“, sagte Söder bereits am Dienstag. Die vier Milliarden Euro im Jahr, mit denen das Projekt zu Buche schlagen würde, seien wenig im Vergleich zu den Kosten der Migration (50 Milliarden Euro). Es dürfe nicht sein, dass das Land für „unsere Mütter“ weniger übrig habe als „für Menschen, die noch nie im Land waren“. Im Wahlprogramm der Union konnte Söder die Idee nicht verankern. Auch Wirtschaftsexperten rügen derlei „Wahlkampfgeschenke“.
Ähnlich verhält es sich beim Thema Länderfinanzausgleich. Bayern habe in der Geschichte 117 Milliarden Euro für andere Bundesländer eingezahlt, im Gegenzug 3,4 Milliarden Euro erhalten, rechnet Söder öfter vor: „Wir sind die Melkkuh der Nation.“ Sollte es nach der Wahl eine wie auch immer geartete Einigung zur Schuldenbremse geben, will er diese an eine Reform des Finanzausgleichs koppeln. Im Unionsprogramm wollte die CDU das ebenfalls nicht stehen haben. Mütter-Rente und Länderfinanzausgleich dürfte die CSU demnächst noch in einem eigenen Bayern-Programm aufführen. Es gebe aber, hieß es, keine fundamentalen Streitpunkte innerhalb der Union.