Frauen-Union in Bayern:Die neue weibliche Seite der CSU

Anja Weisgerber (links) und Ulrike Scharf bewerben sich um die Nachfolge von Angelika Niebler an der Spitze der Frauen-Union.

Anja Weisgerber (links) und Ulrike Scharf bewerben sich um die Nachfolge von Angelika Niebler an der Spitze der Frauen-Union

(Foto: Henning Schacht/PR, Stephan Görlich)
  • Zehn Jahre führte Angelika Niebler die Frauen-Union in Bayern an, am Samstag wird sie den Vorsitz aufgeben.
  • Um die Nachfolge bewerben sich: die frühere Umweltministerin Ulrike Scharf und die Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber.
  • Das Thema Frauenquote dürfte die Zukunftsfähigkeit der gesamten Partei entscheiden.

Von Wolfgang Wittl

Angelika Niebler ist seit Langem im politischen Geschäft, mit 56 Jahren hat sie mehr Ämter gesammelt als andere in zwei oder drei Leben. Seit 20 Jahren gehört sie dem Europaparlament an, sie ist und war Mitglied im Kreistag von Ebersberg, der Hanns-Seidel-Stiftung, im Bezirksvorstand der Oberbayern-CSU sowie Chefin der Ebersberger Christsozialen. Niebler engagiert sich an der TU München, für das Deutsche Museum und Familien mit Frühgeborenen. Das sind nur Auszüge aus der Vita einer Frau, die auch noch stellvertretende CSU-Vorsitzende ist. Wenn es aber um Nieblers Erfolge geht, wird auf Wikipedia ein Satz weit vor ihren Funktionen genannt: "Als Landesvorsitzende der Frauen-Union setzte sie für die Parteiämter in der CSU eine Frauenquote durch."

Zehn Jahre führt Niebler die Frauen-Union (FU) in Bayern an, am Samstag wird sie das Amt aufgeben. Zwei Kandidatinnen bewerben sich in Veitshöchheim um die Nachfolge: die frühere Umweltministerin Ulrike Scharf und die Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber. Der Ausgang des Duells gilt als ungewiss, sicher hingegen ist: Das Thema Frauenquote wird die neue Vorsitzende intensiver beschäftigen als jedes andere. Nicht zuletzt, weil sich daran die Zukunftsfähigkeit der gesamten Partei entscheidet.

Jünger, moderner und weiblicher soll die CSU werden, wobei das manchmal ja ein und dasselbe ist. Schon einmal diagnostizierte die Parteispitze ähnlich großen Handlungsbedarf, ebenfalls nach einer missglückten Landtagswahl. Der Leidensdruck hielt nicht lange an, Nieblers Frauenquote kam 2010 nur mit Einschränkungen. Der Anteil von 40 Prozent gilt bis heute lediglich für den Partei- und Bezirksvorstand. Der damalige Parteichef Horst Seehofer hatte sich wie andere Befürworter mehr erhofft, musste sich dem Kompromiss nach heftigen Widerständen aber fügen. Niebler und er zeigten sich mit Blick auf die Beharrungskräfte dennoch zufrieden. Die CSU sei nun "ein gehöriges Stück weiter", sagte Seehofer und rief das nahende 2011 prompt zum "Jahr der Frauen" aus. Geblieben ist davon nur die Erinnerung.

Jetzt könnte die historische Not der CSU für die Frauen-Union wieder mal zur historischen Chance werden. In seinem Leitantrag für den Parteitag fordert der FU-Landesvorstand, "ab sofort verbindlich für alle Parteilisten das Reißverschlussverfahren" einzuführen - bereits zur nächsten Bundestagswahl. Damit will die FU einen paritätischen Geschlechteranteil sicherstellen. Außerdem soll die 40-Prozent-Quote nicht mehr nur auf höchster Landes- und Bezirksebene gelten, sondern auch für CSU-Kreisvorstände. In Ortsvorständen soll es bei einer Soll-Bestimmung von 40 Prozent bleiben. Weiter heißt es im Leitantrag: Die Delegierten für Aufstellungsversammlungen und Parteitage "müssen künftig zu mindestens 40 Prozent beide Geschlechter repräsentieren". Bei den für die CSU besonders relevanten Direktkandidaturen sei "auf eine ausreichende Berücksichtigung beider Geschlechter hinzuwirken".

Äußerst sensibel ist das Thema, ob Mitglieder der FU - anders als jetzt - automatisch der CSU angehören sollen. Für die Partei wäre das ein Gewinn, der Frauen-Anteil stiege sofort von gut 20 auf knapp 30 Prozent: ein weiterer Schritt auf dem langen Weg, das Image des Männer-Dünkels hinter sich zu lassen. Die FU bleibt bei der Doppelmitgliedschaft zurückhaltend, nicht alle Frauen wollen auch in die CSU. Der Leitantrag sieht vor, dass alle weiblichen Neumitglieder von FU und CSU künftig automatisch beiden Gliederungen angehören, sofern sie nicht widersprechen. Bereits geführte FU-Mitglieder sollen hingegen gefragt werden, ob sie auch der CSU beitreten wollen. Die Diskussion dazu läuft noch.

Ob das Zeitfenster für die Frauen diesmal länger als einen Spalt geöffnet bleibt? CSU-Generalsekretär Markus Blume hat die Auffrischung der Partei zur "Überlebensfrage" erklärt, Parteichef Markus Söder sieht das nicht anders. Alle Debatten zu Frauenquoten sollen diesmal einvernehmlich gelöst werden. Man wolle "keine großen Schlachten führen" wie auf dem Parteitag 2010, sagte Blume. Entschiedener Gegner der Quote ist die Junge Union. Auch bei den Mitgliedern rivalisieren JU und FU, jeder behauptet, die größte Arbeitsgemeinschaft der CSU zu stellen. Im Moment liegt die FU mit 23 500 zu 22 200 vorne.

"Wenn die CSU Volkspartei bleiben will, geht es nicht ohne Frauen", sagt Ulrike Scharf. "Wir müssen selbstbewusster auftreten", fordert Anja Weisgerber. Inhaltlich sind die Kandidatinnen kaum zu unterscheiden. Beide wollen generell mehr Frauen für die CSU gewinnen, dann werde es auch leichter, sie in Ämter zu bringen. Beide sind gut vernetzt, beide seit zehn Jahren FU-Bezirksvorsitzende: Scharf, 51, in Oberbayern; Weisgerber, 43, in Unterfranken. Scharf folgte damals auf Niebler, Weisgerber war zuletzt acht Jahre Nieblers Stellvertreterin im Landesvorstand. Die (größeren) altbayerischen Bezirke stehen wohl hinter Scharf, die Franken hinter Weisgerber. Niebler sagte in einer Sitzung, ein fairer Wettbewerb könne die FU nur stärken, eine Empfehlung hat sie tunlichst vermieden. Als Präsidentin des Union-Wirtschaftsbeirats hat sie bereits ein neues Amt angetreten.

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