„Weird“ in der bayerischen Politik:„Spinnt der Beppi?“

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Hubert Aiwanger gibt den Takt an - zumindest beim Platzkonzert beim Oktoberfest. (Foto: Hannes Magerstaedt/Getty Images)

Der amerikanische Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz hat einem kleinen Wort eine große Karriere beschert: „Weird“ nennt er Donald Trump, eigenartig. Aber „weird“ geht auch auf Bairisch – das sieht man an Hubert Aiwanger oder Alexander Dobrindt. Markus Söder arbeitet noch dran.

Glosse von Franz Kotteder

Wahlkämpfe tragen manchmal zum Erkenntnisgewinn bei. Ein ganz erstaunliches Beispiel dafür ist gerade der amerikanische. Der demokratische Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz machte da Furore mit der Formulierung, Donald Trump und sein Vizekandidat J. D. Vance seien „plain weird“, zu Deutsch etwa: „ganz schön seltsam“. Es war ein Der-Kaiser-ohne-Kleider-Moment: Stimmt eigentlich, der Kaiser ist ja nackert, und endlich spricht’s mal jemand aus!

Es drängt sich unwillkürlich die Frage auf: Haben wir in Bayern auch solche Typen, die „plain weird“ sind? Ja, logisch, haben wir! Aber jetzt mal abgesehen von unserem Hubert: Gibt es da nicht noch genügend andere, auf die jene bayerische Variante von „weird“, nämlich die rhetorische Frage: „Spinnt der Beppi?“ mit der Steigerungsform: „Hat’s an Wasti?“ zutrifft?

Ganz spontan fällt einem Gloria ein, die sogenannte Regensburger Fürstin, die ihre besondere Art von Seltsamsein seit Jahrzehnten höchst erfolgreich kultiviert. Und das ganz ohne demokratische Wahlen. Die ehemalige Landrätin Gabriele Pauli kam Gloria schon relativ nahe, ist aber in der Versenkung verschwunden. Ansonsten sind es vor allem CSU-Generalsekretäre, zu deren Kernkompetenz schon qua Amt vogelwilde Thesen zählen, die einem schräg erscheinen.

Spezialistin im Seltsamsein: Gloria von Thurn und Taxis, hier bei ihrer Anfahrt zur Trauerfeier für Georg Ratzinger. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Andi „Die Maut ist sicher“ Scheuer beispielsweise, oder Alexander „Moschee im Vorgarten“ Dobrindt. Letzterer nimmt übrigens, trotz Weirdness im weit fortgeschrittenen Stadium, erstaunlich lange Spitzenpositionen im politischen Geschäft ein. Die Macht an sich scheint überhaupt gedankliches Abdrehen zu befördern. Weshalb die bayerischen Grünen und die SPD zwar ebenfalls gelegentlich vor sich hin spinnen, aber das findet hierzulande keiner seltsam, weil sie einfach zu wenig Macht haben.

Wie sollte es auch anders sein in einem Bundesland, in dem sich schon die Ministerpräsidenten durch steile Thesen hervortun? Etwa durch die sogenannte Transrapid-Unschärferelation (Stoiber) oder das legendäre Zwei-Mass-Axiom (Beckstein). Ähnlich Wegweisendes lässt Markus Söder noch vermissen, auch wenn er schon regelmäßig Fingerübungen im Absonderlichen liefert. Sei es mit seinem Kreuz-Erlass oder indem er einigermaßen regelmäßig Fotos von seinem Mittagessen auf Instagram postet wie ein ganz normaler Food-Proll. Er nimmt sozusagen erst Anlauf. Der große Sprung wird ihm eines Tages sicher noch gelingen.

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