Bundestagswahl:Die Gründe für den Absturz der CSU

Bundestagswahl - Statement Söder und Dobrindt

Tritt stark auf, schneidet bei Wahlen nicht gut ab: Markus Söder am Wahlabend in Berlin.

(Foto: Fabian Sommer/dpa)

Minus 7,1 Prozentpunkte: Die Christsozialen sind bei der Bundestagswahl erneut abgerutscht - wie lässt sich das verheerende Ergebnis erklären?

Von Ingrid Fuchs

31,7 Prozent. Für die CSU ist es das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit 1949, in anderen Worten: verheerend. Noch im Frühsommer hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gefordert, die Union müsse bundesweit "deutlich über 30 Prozent" landen. Dieses Ziel wurde weit verfehlt. Die CSU hat es in Bayern zwar über diese Marke geschafft, im Vergleich zur vergangenen Bundestagswahl aber 7,1 Prozentpunkte eingebüßt. Im Jahr 2017 erreichten die Christsozialen 38,8 Prozent.

Dass es zu diesem Absturz kommen könnte, das haben Umfragen in den vergangenen Wochen schon immer wieder vorhergesagt. Nur wirklich glauben wollte man das nicht in der Partei, zu stark waren die Schwankungen. Und nun? Wie lässt sich der neuerliche Stimmenverlust nach der Landtagswahl im Jahr 2018 erklären?

Regieren ohne Richtung: Das mutet bei der Partei, die einst nichts und niemanden rechts von sich dulden wollte, seltsam an, stellt aber gleich mehrfach ein Problem dar. 16 Jahre lang war die CSU nun auch Regierungspartei in Berlin, trotzdem wusste man nie, ob sich ihre Vertreter auch so verhalten - oder ob sie im nächsten Moment nicht allein für die Interessen Bayerns eintreten. Das Phänomen ist mitnichten neu, aber seit jeher problematisch für die Schwesterpartei CDU.

Schlimmer für die CSU selbst ist, dass auch der innerparteiliche Kurs unklar oder in den Augen so mancher Parteimitglieder schlicht falsch ist. Und diesen Kurs gibt nun seit einigen Jahren schon Markus Söder vor. Jünger, grüner und großstädtischer soll die CSU werden. Das geht den einen zu langsam, einigen zu weit - und viele fragen sich, was das konkret bedeuten soll. Denn sehr viel mehr als diese Formel bekommt man von Söder nicht zu hören, ein Wabern zwischen Erneuerung und Stabilität. Da weiß auch manch hartgesottener CSUler nicht mehr, in welche Richtung er überhaupt mitmarschieren soll.

Söders One-Man-Show: Seit Markus Söder in Personalunion die CSU und den Freistaat regiert, ist kaum noch Platz für andere Köpfe in der Partei. Horst Seehofer, der frühere Ministerpräsident und zuletzt Bundesinnenminister, ist längst kein Zugpferd mehr bei Wahlen. Mit wem also wollte die CSU bei der Bundestagswahl punkten? Dorothee Bär, die zuletzt ins Zukunftsteam von Armin Laschet berufen wurde? Alexander Dobrindt, der als Landesgruppenchef den scharfen Hardliner gibt? Andreas Scheuer, der als Bundesverkehrsminister selten positiv in Erscheinung getreten ist? Am häufigsten stand Söder selbst lautstark im Vordergrund. Nur hat das auf dem Wahlzettel dann offenbar wenig geholfen.

Konkurrenz durch Aiwanger und Co: Schon bei der Landtagswahl hat die CSU schmerzliche Prozentpunkte an die Freien Wähler (FW) abgeben müssen. Nun wollte FW-Chef Hubert Aiwanger seinen Wirkungsbereich noch etwas ausbauen und in den Bundestag einziehen. Das hat zwar nicht geklappt, man darf aber davon ausgehen, dass die 7,5 Prozent, die seine Freien Wähler bekommen haben, zu einem Großteil die Stimmen ehemaliger CSU-Wählerinnen und -Wähler sind. Wirkt marginal, macht aber was aus. Denn insgesamt sind bei dieser Bundestagswahl 47 Parteien und Gruppierungen angetreten - von denen die meisten zwar keine Chance hatten, wirklich ins Parlament einzuziehen. Aber in die Rubrik "Sonstige" sind dennoch viele Wählerstimmen geflossen, über die sich vor ein paar Jahren noch die großen Parteien gefreut haben. Zum Beispiel die CSU.

Der Kanzlerkandidat Armin Laschet: Erst dauerte es Monate, bis sich die Union auf einen Kandidaten festlegen konnte, dann vergingen weitere Wochen, bis die CSU nicht mehr gegen CDU-Mann Laschet Wahlkampf machte. Von einem einheitlichen Auftreten lässt sich erst seit dem CSU-Parteitag in Nürnberg sprechen. Dumm nur, dass der erst vor zwei Wochen stattfand und viele Wählerinnen und Wähler da womöglich schon längst keine Lust mehr hatten auf die schwesterlichen Sticheleien.

Markus Söder hat sich vor und seit der CDU-Entscheidung für Laschet nicht unbedingt souverän verhalten, sondern sich vielmehr als Großmeister der politischen Frotzelei - sein Amtsvorgänger hätte gesagt: Schmutzelei - geriert. Das mag der Meinung vieler Menschen in Bayern entgegengekommen sein - einer Umfrage zufolge waren zuletzt nur etwa 17 Prozent mit Laschet zufrieden -, der gemeinsamen Sache von CDU und CSU hat Söder damit keinen Gefallen getan. Was die Union davon hat? 24,1 Prozent bei der Bundestagswahl.

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