CSU nach Bundestagswahl:"Alte, graue Männer sind gefährlich, weil sie keine politische Zukunft mehr haben"

Bundestagswahl - Wahlparty CSU

Immer vorne dran: Als Generalsekretär muss Markus Blume auch bei den weniger erfreulichen Nachrichten für seine Partei einstehen. Wie am Wahlabend.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

In der ersten Sitzung nach der Bundestagswahl muss sich CSU-Generalsekretär Markus Blume deutliche Kritik gefallen lassen. Doch die Hauptschuld am miesen Wahlergebnis sieht die Mehrheit woanders.

Von Andreas Glas und Johann Osel

Zum Beispiel die Kuh. "Bei uns steht weit und breit keine einzige Kuh", sagt ein CSU-Abgeordneter aus Franken. Er meint das Wahlplakat, das überall in Bayern zu sehen war. Ein stinknormales CSU-Plakat eigentlich, wäre darauf eine Direktkandidatin oder der Parteichef zu sehen gewesen - und eben keine Kuh, die ihr Maul so nah an die Kamera hält, dass man fast Angst kriegt, sie könnte aus dem Plakat purzeln. "Unter aller Kanone", sagt ein anderer Abgeordneter der CSU-Landtagsfraktion über das Kuh-Plakat. In der Stadt hätten sich die CSU-Wahlkämpfer gewundert, wie das jetzt genau die Wähler ansprechen soll. Und auf dem Land? Da habe man das "als Verarschung empfunden".

So ähnlich hört man das jetzt öfter in der CSU. Jetzt, da die Bundestagswahl rum ist und die Partei ihr miserables Ergebnis in Bayern (31,7 Prozent) analysiert. An diesem Mittwoch geht die Analyse in die nächste Runde. Nach Parteivorstand und Bezirksvorständen diskutiert die CSU-Landtagsfraktion die Ursachen der Wahlklatsche. Einer steht besonders im Fokus: Markus Blume, CSU-Generalsekretär und in dieser Funktion der Cheforganisator der Wahlkampagne.

Den Anfang der Blume-Kritik machte am Montag der Bundestagsabgeordnete und frühere CSU-Bundesminister Peter Ramsauer. Parteichef Söder habe im Wahlkampf "aufschlecken" müssen, was General Blume ihm "hingespuckt hatte", sagte Raumsauer dem Spiegel. Er bezog sich auf ein Interview, in dem Blume über die Kanzlerchancen von CDU/CSU gesagt hatte: "Natürlich stünden wir mit Markus Söder besser da." Der Satz fiel kurz vor dem Parteitag in Nürnberg, wo die CSU ihren Kanzlerkandidaten empfing, CDU-Chef Armin Laschet. Ramsauer bezweifelt, dass Blumes Satz "sonderlich sinnvoll war". Damit steht er in der Partei nicht alleine da. Auch der nun abgewählte Münchner CSU-Direktkandidat Michael Kuffer sagte etwa, "dass die Leute den Laschet erst recht nicht wählen werden, wenn sie das Gefühl haben, dass nicht mal wir hinter unserem eigenen Kandidaten stehen".

Am Mittwoch setzt sich die Kritik fort. Am Rande der Fraktionssitzung und währenddessen äußern sich einzelne Abgeordnete unzufrieden über Blume - und neidisch über die SPD-Plakate. Wie Teilnehmer der Sitzung berichten, spricht auch Söder über Blumes Rolle im Wahlkampf. Nicht jedes Interview sei gelungen gewesen, soll er gesagt haben - an Blume gerichtet. Der habe sich daraufhin bei der Fraktion entschuldigt. Stimmt, sagt Blume nach der Sitzung, er habe sich entschuldigt dafür, dass mal ein Plakat zu spät gekommen sei oder das Motiv nicht jedem gefallen habe. Aber: "Die eigentlichen Ursachen lagen woanders."

Tatsächlich wäre es irreführend zu behaupten, dass sich die CSU-Fraktion nur am Generalsekretär abarbeitet. Die Hauptschuld am miesen Wahlergebnis sieht auch die Mehrheit der Abgeordneten beim schwachen Laschet - und bei CDU-Strippenzieher Wolfgang Schäuble, der Laschet als Kandidat durchdrückte. Mit Blick auf Schäuble wird CSU-Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber so zitiert: "Alte, graue Männer sind gefährlich, weil sie keine politische Zukunft mehr haben." Auch die Bilanz der CSU-Bundesminister sehen einige in der Landtagsfraktion als Ursache fürs Wahlergebnis. Zur Sprache kommt auch die Maskenaffäre, die geschadet habe. Die Kritik, dass sein strenger Corona-Kurs einige Wähler verschreckt haben könnte, kontert Söder: Es habe keine Alternative gegeben.

CSU-Abgeordnete beklagen Mangel an eigenen Themen

Und trotzdem, die Kritik an Blume ist auch jenseits des Landtags zu vernehmen. Die Kampagne sei "nicht top organisiert" gewesen, sagt ein CSU-Direktkandidat hinter vorgehaltener Hand. Dass die Partei am Ende 45 von 46 Mandaten holte, sei vor allem den Kandidaten selbst zu verdanken. Unglücklich sind einige auch mit dem Slogan "Stabilität statt Linksrutsch". Einerseits ein guter Claim, der auf den letzten Metern noch Stimmen gebracht habe, sagt ein CSU-Abgeordneter. Andererseits zeige dieses "Negative Campaigning", dass der CSU eigene Themen gefehlt hätten.

"Die Kampagne hat in der entscheidenden Phase gewirkt", sagt dagegen Blume über die Linksrutsch-Parole. "Das war meine, das war unsere Idee." Zudem seien CSU-Parteitag und Laschet-Empfang am Nockherberg "großartige Veranstaltungen" gewesen, die am Ende die Trendwende gebracht hätten. Das ist ja die Argumentation der CSU-Spitze: Dass es den Wahlkampfmanövern aus Bayern zu verdanken sei, dass die Union auf den letzten Metern besser abgeschnitten hat als in den Umfragen prognostiziert.

Über Söder ist derweil zu hören, dass er mit seinem Generalsekretär "insgesamt zufrieden" sei. Die Zusammenarbeit funktioniere, es gebe ein großes Vertrauensverhältnis. Söder und Blume, ihr Schicksal hängt spätestens jetzt zusammen. Sollte die Landtagswahl 2023 ähnlich ausgehen, dürfte die CSU-Landtagsfraktion nicht mehr so gnädig reagieren.

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