Bundestagswahl:Söders Frauenplan

CSU-Vorstandssitzung

CSU-Chef Markus Söder neben Angelika Niebler und Dorothee Bär (von rechts).

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Zum ersten Mal will die CSU ihre Liste zur Bundestagswahl paritätisch besetzen. Der Parteichef will das so. Das findet nicht nur Zustimmung - und am Ende werden nicht unbedingt mehr CSU-Frauen im Bundestag sein.

Von Andreas Glas

Nur Kosmetik? Ulrike Scharf schüttelt den Kopf. "Ein ganz starkes Sig-nal", sagt die Vorsitzende der Frauen-Union (FU) der CSU. Sie meint die Listenaufstellung ihrer Partei für die Bundestagswahl, die am Samstag pandemiekonform im Max-Morlock-Stadion in Nürnberg stattfinden wird. Unter freiem Himmel also, das ist neu. Und neu ist eben auch, dass die Parteispitze den CSU-Delegierten eine Liste vorschlägt, die paritätisch besetzt ist, also abwechselnd mit einer Frau und einem Mann. Die neue Parität hat der CSU-Vorstand erst kürzlich beschlossen - auf Vorschlag von Parteichef Markus Söder, der sich ja fest vorgenommen hat, die CSU jünger und weiblicher zu machen - auch in Berlin. Wird Söder seinem Versprechen gerecht werden?

Dass es bei der politischen Konkurrenz einige gibt, die hinter der Listenparität vor allem Symbolik sehen, hat einen Grund: Bei der Bundestagswahl 2017 holte die CSU alle 46 Direktmandate in Bayern. Über die Liste? Schaffte niemand den Sprung nach Berlin. Mag schon stimmen, sagt FU-Chefin Scharf. Sie erinnert aber auch an das relativ schwache Ergebnis bei der Wahl 2017, als die CSU 6,2 Prozent holte - minus 1,2 Prozentpunkte. Die Chance, über die Liste in den Bundestag einzuziehen, hänge immer vom Gesamtergebnis der Partei ab, sagt Scharf, die lange für die Listenparität gekämpft hat.

FÜRSTENFELDBRUCK: Nominierungsversammlung der CSU zur Bundestagswahl 2021

Katrin Staffler ist seit dem Jahr 2017 als CSU-Abgeordnete Mitglied im Deutschen Bundestag.

(Foto: Leonhard Simon)

So ähnlich sagte das neulich auch Söder bei der Landesversammlung der Jungen Union (JU): "Wenn wir gut abschneiden, dann haben wir viele, viele Möglichkeiten." Sein JU-Besuch zeigte allerdings, dass die paritätische Listenaufstellung innerhalb der CSU umstritten ist. Dort erinnerte der Aichacher JU-Vorsitzende Stefan Meitinger an den Parteitag im Oktober 2019, als Söder die Frauenquote bis in die Kreisverbände der CSU ausweiten wollte - und die Partei ihm die Gefolgschaft verweigerte. "Umso unverständlicher", dass die CSU-Spitze die Listenparität nun "von oben herab durchdrücken will", sagte Meitinger zu Söder. Der verteidigte die Parität und konterte, dass die CSU "kein Weltbild von gestern" habe.

Derzeit sitzen sieben Frauen für die CSU im Bundestag - und 38 Männer. Entscheidend korrigieren könnte dieses Ungleichgewicht wohl nur eine höhere Zahl an Direktkandidatinnen. Doch da bleiben die Männer eindeutig in der Überzahl. In den 46 Wahlkreisen haben sich diesmal 36 CSU-Kandidaten durchgesetzt und zehn CSU-Kandidatinnen. "Bei den Direktmandaten sind wir noch eine Meile entfernt von der Ausgewogenheit", sagt FU-Chefin Scharf. Deutlich jünger wird die Landesgruppe in Berlin wohl ebenfalls nicht werden. Was auch daran liegt, dass 40 der derzeitigen CSU-Abgeordneten für eine weitere Legislaturperiode kandidieren. Hätten sich Tobias Zech und Georg Nüßlein nicht in Lobby- beziehungsweise Maskenaffären verstrickt, wären es wahrscheinlich sogar 42 gewesen.

Lagebericht Drogenkriminalität

Daniela Ludwig ist seit dem Jahr 2019 die Drogenbeauftragte der Bundesregierung.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die paritätische Liste führt auch diesmal ein Mann an: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Dahinter folgen Digitalstaatsministerin Dorothee Bär und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Dass Scheuer, der wegen der Mautaffäre umstritten ist, nicht nur erneut als Passauer Direktkandidat nominiert wurde, sondern zusätzlich über Listenplatz drei abgesichert wird, mag außerhalb der CSU nicht jedem plausibel erscheinen. Man muss wissen: Bei allen Personalentscheidungen in der CSU spielt der Regionalproporz eine wichtige Rolle. Weil also Scheuer nicht nur Minister ist, sondern auch CSU-Bezirkschef in Niederbayern, hat er Anspruch auf einen Listenplatz, der ihm den neuerlichen Sprung in den Bundestag praktisch garantiert.

Dass sich Scheuer nach der Wahl noch Minister nennen darf, ist dagegen unwahrscheinlich. Dafür ist er dann doch zu umstritten - und zu großer Ballast für Söder. Zudem hat der Parteichef im vergangenen Herbst gesagt, "dass wir in Berlin noch viel zu wenig Frauen in der Verantwortung haben". Dass von drei Bundesministern "keine eine Frau ist, das geht natürlich auf Dauer nicht", sagte Söder. Sollte die CSU nach der Wahl noch mitregieren, dürfte er also die Chance nutzen, dass die CSU-Frauen in Berlin zumindest sichtbarer werden. Die Ausgangslage ist ohnehin günstig für Söder: Die zwei CSU-Minister neben Scheuer werden dem Kabinett nach der Wahl nicht mehr angehören. Sowohl Innenminister Horst Seehofer als auch Entwicklungsminister Gerd Müller haben ihren Rückzug angekündigt.

Dorothee Baer Berlin, 19.05.2021 - Dorothee Baer, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesreg

Dorothee Bär ist unter anderem Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. Entsprechend ihres Listenplatzes hätte sie die besten Chancen auf einen Platz im Kabinett.

(Foto: Jochen Eckel/imago)

Die besten Chancen auf einen Platz im Kabinett hätte entsprechend ihres Listenplatzes Parteivize Bär. Sie ist seit 18 Jahren im Bundestag, ist also erfahren, aber mit 42 Jahren noch relativ jung - und passt damit ziemlich gut ins Image, das Söder seiner Partei verpassen will. Sollte der CSU-Chef einen zweiten Kabinettsposten mit einer Frau besetzen, käme erneut der Regionalproporz ins Spiel. Demnach wäre neben Bär womöglich kein Platz mehr für eine weitere Ministerin aus Franken. Zumindest derzeit gibt es in der CSU-Landesgruppe aber nur zwei Frauen, die nicht aus Franken stammen, sondern aus Oberbayern: Daniela Ludwig und Katrin Staffler.

Immerhin: In den sechs Wahlkreisen, in denen es neue Direktkandidaten der CSU gibt, haben sich drei Frauen durchgesetzt, aus der Oberpfalz und aus Schwaben: Susanne Hierl (Amberg), Martina Englhardt-Kopf (Schwandorf) und Mechthilde Wittmann (Oberallgäu). "Sehr erfreulich", sagt FU-Chefin Scharf, die es auch auf die Motivationsarbeit in der FU zurückführt, dass sich in der CSU nun mehr Frauen Kampfkandidaturen gegen Männer zutrauen. "Ich freue mich", sagt Scharf mit Blick auf die Listenaufstellung am Samstag. Mit größerem Widerstand gegen die Parität rechnet sie nicht.

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