Politik in Bayern:Ein Paar Debrecziner und viel Ärger

December 7, 2020, Munich, Bavaria, Germany: Together with the Munich, Federal police, and MVG UBahn Wache the Bavarian

In der Öffentlichkeit stets mit Maske unterwegs, in der Landtags-Kantine wohl ein bisschen nachlässig: Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU).

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Wissenschaftsminister Sibler und Bauministerin Schreyer stehen in der Kritik, weil sie bei einem Besuch der Landtags-Kantine gegen die Corona-Regeln verstoßen haben.

Von Andreas Glas

Ein Paar Debrecziner-Würstl habe er gegessen, "aber das darf halt nicht sein", sagt Bernd Sibler. Er meint nicht die Würstl an sich, natürlich nicht. Die bayerische Infektionsschutzverordnung listet zwar vieles auf, ein Debrecziner-Verbot gehört nicht dazu. Es wäre also kein Aufreger gewesen, hätte Sibler seine Würstl vom Tresen zum Tisch getragen und sie dort allein verspeist oder mit einem Tischpartner. Hat er aber nicht. Und ziemlich sicher hätte die Bild-Zeitung nicht vom "Corona-Eklat" geschrieben, wäre Sibler irgendjemand. Ist er aber nicht.

Sibler (CSU) ist Wissenschaftsminister, noch dazu im Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder, der pausenlos die Sorglosigkeit derer beanstandet, die sich nur halbherzig an Corona-Regeln halten. Denkbar also, dass Söder seine Star-Trek-Tasse entglitten ist, falls er am Samstagmorgen die Bild las und dieses Foto sah, geknipst in der Gaststätte des Landtags am vergangenen Donnerstag. Fünf Personen an einem Tisch, ohne Maske, alle nah beieinander, alle CSU. Nicht nur Wissenschaftsminister Sibler sitzt da, auch Bauministerin Kerstin Schreyer, dazu drei weitere Abgeordnete. "Es ist einfach eine Dummheit", sagt Landtagspräsidentin Ilse Aigner.

Aigner hat im Maximilianeum strenge Corona-Regeln verordnet, auch für die Gaststätte. Das Lokal darf öffnen, genauso wie Kantinen in Unternehmen. Aber auf jedem Tisch steht "ein dickes, fettes Schild, das man eigentlich nicht übersehen kann: zwei Personen und mit Abstand", sagt Aigner. Beide Regeln haben ihre CSU-Parteikollegen missachtet, das ärgert die Landtagspräsidentin. "Wir beschließen über die Gesetze, über die Verordnungen. Deswegen wird an uns natürlich ein besonderer Maßstab angelegt." Die Politik habe "eine Vorbildwirkung", sagt Aigner. Sie hat nun ein Zwangsgeldverfahren eingeleitet, über je 250 Euro

Auch Ministerin Schreyer sagt: "Es war falsch." Als sie den Gastraum betreten habe, seien drei ihrer Kollegen am Tisch gesessen, vor leer gegessenen Tellern, "und haben gesagt: Wir gehen jetzt gleich." Das hätten die Kollegen auch getan, kurz nachdem Sibler dazugekommen sei. Es sei "eine ganz kurze Überschneidung gewesen", dass fünf Personen am Tisch saßen. Trotzdem könne sie sich "nur dafür entschuldigen", sagt Schreyer. Sie bittet um Nachsicht. Irgendwann passiere jedem ein Fehler, nun sei ihr dieser Fehler passiert.

Die Bild schreibt, ihr sei das Foto "zugespielt" worden. Von wem, ist unklar. Der AfD-Fraktion kommen die Schlagzeilen jedenfalls recht. "Wir begrüßen diese Aktion der CSU-Kolleginnen und Kollegen, denn es unterstreicht nochmals die Realitätsferne und Sinnlosigkeit der von der Staatsregierung verordneten Maßnahmen", teilt Fraktionschef Ingo Hahn am Samstag mit. Die AfD hatte kürzlich selbst Schlagzeilen produziert, nachdem in Räumen der Landtagsfraktion eine Feier stattgefunden haben soll. In der Bild ist zudem die Rede von einer "Party mit reichlich Alkohol" mit Abgeordneten der Grünen und der Freien Wähler am vergangenen Donnerstag auf der Praterinsel, wo der Landtag ebenfalls Räumlichkeiten hat. "Davon weiß ich nichts", sagt Landtagspräsidentin Aigner. So ähnlich sagen das auch die Sprecher der beiden Fraktionen.

Von Partyszenen ist auf dem Foto der CSU-Abgeordneten nichts zu erkennen. Man sieht fünf Menschen, die unauffällig beieinandersitzen - nur eben nicht regelkonform. "Eine Unaufmerksamkeit, die nicht vorkommen darf. Das tut mir ausgesprochen leid und ich entschuldige mich dafür", sagt Minister Sibler, und dass er die 250 Euro natürlich zahlen werde. Es dürften die teuersten Debrecziner sein, die er bisher gegessen hat.

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